Présidentielle 2007

Ein Blog über den französischen Präsidentschaftswahlkampf

Französische Präsidentschaftswahl

Dienstag, 3. April 2007

Bayrou will Elitehochschule ENA abschaffen

Zu Besuch auf dem französischem Überseegebiet Martinique hat François Bayrou gestern mit einem originellen Vorschlag aufhorchen lassen. Der Kandidat der Zentristen sprach sich für die Abschaffung der École Nationale d'Administration (ENA) aus. Die im sechsten Pariser Arrondissement gelegene Eliteschule ist Teil des für einen Deutschen ungewöhnlichen französischen Hochschulsystems.

Neben den regulären Universitäten gibt es die sogenannten grandes écoles, die auf hohe Posten in der öffentlichen Verwaltung und der Wirtschaft vorbereiten. Dazu gehören die Institute für Politikstudien (Sciences Po beziehungsweise IEP), die durch die Bandbreite der unterrichteten Fächer kaum Gemeinsamkeiten mit der deutschen Politikwissenschaft haben, oder aber die École polytechnique, die hochqualifizierte Ingenieure hervorbringt.

Die angesehensten grandes écoles befinden sich in Paris, was einmal mehr den Unterschied zwischen Hauptstadt und province hervorhebt. Auf dieses dem Zentralismus zuzuschreibende Gefälle stützt sich ein fast natürliches Misstrauen der "Provinzler" gegenüber der Pariser Elite. Eine in Volkes Seele verankerte Ablehnung, die auch Bayrou für sich beansprucht. Der Kandidat legt großen Wert auf seine bäuerlichen Wurzeln und betont, dass er "nicht zum Pariser Establishment" gehört.

Insofern erscheint es konsequent, die ENA, das Sinnbild der realitätsfremden Politikerklasse, einfach abzuschaffen. In der Tat haben viele aktuelle Spitzenpolitiker zuerst Scienes Po Paris und anschließend die ENA durchlaufen, wie etwa die beiden Köpfe der Exekutive, Dominique de Villepin und Jacques Chirac, oder auch der PS-Chef François Hollande. Von den aktuellen Kandidaten zur Präsidentschaftswahl ist nur Royal énarque.

So revolutionär wie es auf den ersten Blick scheinen mag, ist Bayrous Vorschlag aber nicht: Die ENA soll durch eine "Schule für den öffentlichen Dienst" ersetzt werden. Wegen ihrer sehr hohen Allgemeinbildung und Führungs- und Kommunikationsfähigkeiten sind die ENA-Absolventen immer mehr in der privaten Wirtschaft gefragt. Die Abgänger von Bayrous école du service public sollen dazu verpflichtet werden, auch wirklich dem Staat zu dienen.

Bayrous Vorhaben spiegelt somit eher eine konservative Auffassung der Verwaltung eines Staates wider. Statt wie in den skandinavischen Ländern weite Teile der Verwaltung zu privatisieren und nach Wirtschaftsmaßstäben zu organisieren, rückt bei Bayrou der lebenslange Staatsbedienstete in den Mittelpunkt.

Womit wir wieder beim Hauptkritikpunkt der öffentlichen Meinung wären: Der dauerhaften Besetzung der höchsten Ämter durch einige wenige Personen. Männer wie Chirac bekleiden seit gut 30 Jahren die höchsten Staatsämter, Jean-Marie Le Pen und Arlette Laguiller haben schon bei der Präsidentschaftswahl 1974 kandidiert.


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