Einen gewissen kreativen Humor muss man den Franzosen ja lassen, wenn es darum geht, ihren Unmut auszudrücken. Man erinnert sich zum Beispiel an das Kollektiv Jeudi Noir, dass im letzten Winter immer donnerstags, wenn die Wohnungsanzeigen erscheinen, in Paris die Wohnungen mit dem aberwitzigsten Preis-Leistungsverhältnis enterte, um vor den Augen des verdutzten Vermieters eine spontane Party zu schmeißen.
Eine ähnliche Aktion begann am Dienstag dieser Woche in Paris (siehe Eintrag vom 12. April). In Anspielung auf ein Sarkozy-Zitat ziehen Studenten frühmorgens durch Paris, um ihr "Land aufzuwecken, das fünf Jahren Sarkozy entgegentaumelt". Das Kollektiv hat nun seine eigene Internetseite (http://lafrancequiselevetot.over-blog.org), auf der man sich die Videos ihrer "Weck-Einsätze" ansehen kann. Mit Megaphonen verkündet die Gruppe: "Aufwachen. Es ist Viertel vor Sarkozy!"
In einem Beitrag für die gestrige Ausgabe von Le Monde spricht sich Michel Rocard, EU-Parlamentarier der Parti socialiste, für eine Allianz der sozialistischen Kandidatin Ségolène Royal mit dem Zentristen François Bayrou aus, "um Sarkozy zu schlagen". Noch vor dem ersten Wahlgang am Sonntag in einer Woche sollen sich die gesamte moderate Linke und der Zentrist zusammen tun.
Die Initiative des ehemaligen Premierministers (1988 - 1991) und Rivalen Mitterands scheint aber nicht abgesprochen gewesen zu sein. Royal überließ es ihrem Lebensgefährten und PS-Chef François Hollande, den Vorschlag abzulehnen; die Grünen-Kandidatin Dominique Voynet meinte, die Linke solle für die ihr eigenen Werte kämpfen.
Bayrou hingegen zeigte sich sehr angetan von Rocards Initiative. Journalisten sagen ihm seit seinen sinkenden Umfragewerten Mitte März eine gewisse Ernüchterung nach, weshalb eine Allianz mit Royal für ihn eine Möglichkeit sein dürfte, doch noch als Gewinner dieser Wahl hervorzugehen, wenn auch nicht als alleiniger. "Es gibt viele, die für mich wählen würden, aber noch zögern. Eine Allianz würde die Dinge klarer machen", meinte Bayrou gestern.
Bei einer Allianz vor dem ersten Wahlgang, die jedoch aktuell utopisch erscheint, würde Bayrou sich klar links positionieren. Dabei wollte der "zentristische Revoluzzer" doch die ewige Spaltung in ein linkes und ein rechtes Lager überwinden. Andererseits schloss er für eine eventuelle Regierungsbildung eine Zusammenarbeit mit beiden Lagern nie aus. Auf entsprechende Fragen antwortete Bayrou während seines Umfragehochs: "Ich werde die Besten der Linken und die Besten der Rechten nehmen." Zählt Royal für ihn also zu den Besten? Abgesehen davon ist nicht anzunehmen, dass Royal oder Bayrou ihre Kandidatur zu Gunsten des jeweils anderen zurückziehen würden.
Brice Hortefeux, Sprecher des UMP-Kandidaten Nicolas Sarkozy, hat gestern laut über die Einführung einer "Dosis Verhältniswahl" für die Parlamentswahlen 2012 nachgedacht. Damit wäre die Front national von Jean-Marie Le Pen ziemlich sicher in der Nationalversammlung vertreten. Das ist sie derzeit trotz gut elf Prozent im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen 2002 nicht. Die Abgeordneten der Nationalversammlung werden nach dem Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen gewählt.
Mit dem Vorschlag macht die UMP einen weiteren Schritt auf die rechtsextreme Front national zu. Sarkozys Vorschlag eines Ministeriums für "Immigration und nationale Identität" war schon ein anderes klares Signal, wie der Kandidat selbst offen zugibt: "Mich interessiert die Wählerschaft der Front national, nicht aber eine Zusammenarbeit mit der Partei", sagte Sarkozy und fügte hinzu: "Hortefeux hat eine persönliche Meinung vertreten. Seine Erklärung bindet mich nicht."