In einem Morgen in der Zeitung Le Parisien erscheinenden Beitrag bringt Valérie Giscard d'Estaing seine Sympathie für Nicolas Sarkozy zum Ausdruck. Für den ehemaligen französischen Präsident (1974 - 1981) und Gründer der UDF, deren Vorsitzender heute François Bayrou ist, ist der Kandidat der UMP der einzige, der "alle Bedingungen erfüllt, die es erlauben unseren kommenden Präsidenten guten Gewissens zu wählen".
Bayrou sorge weiterhin für Unsicherheit und Spekulationen, weil nicht klar sei, mit wem er regieren würde. Giscard folgt mit seiner Positionierung einer Reihe wichtiger UDF-Politiker, die sich in Bayrous Distanzierung vom traditionellen Partner UMP nicht wiedererkennen. Gerade auf lokaler Ebene stellen die Konservativen und die Zentristen oftmals gemeinsame Wahllisten auf. Selbst die 29 Sitze in der aktuellen Nationalversammlung verdankt die UDF zum Teil der UMP, die in manchen Wahlkreisen auf einen Gegenkandidaten verzichtete.
Wie zufällig ist Sarkozy heute am Vorabend von Giscards Ankündigung mit den UDF-Abtrünnigen Simone Veil, André Santini, Christian Blanc und Bildungsminister Gilles de Robien zu Wahlkampfzwecken unterwegs. Claude Guéant, Sarkozys Wahlkampfmanager, unterstreicht gerne, dass 50 Prozent der potentiellen Bayrou-Wähler sich ihrer Wahl noch nicht sicher seien und dies nur bei 25 Prozent von Sarkozys Wählerschaft der Fall sei. Und so hofft Guéant, dass "Giscards Unterstützung die zentristischen Wähler beeinflusst".
In der letzten Woche vor dem ersten Wahlgang werden in einigen Medien noch einmal alle Geschütze aufgefahren. Im Fadenkreuz ist vor allem Sarkozy, dem trotz seines Ausspruchs "Ich habe mich geändert" in seiner ersten Rede als offizieller Kandidat der UMP nachgesagt wird, weiterhin durch sein harsches Auftreten und seine oft provokanten Positionen die Nation zu spalten.
Das wöchentlich erscheinende Magazin Marianne etwa betitelte seine letzte Ausgabe "Was die Medien nicht aufdecken wollen oder sich nicht trauen". Die Auflage von 300000 Exemplaren war nach zwei Tagen vergriffen, in einer Neuauflage wurden nochmals 60000 Hefte gedruckt. Nicht ganz zu Unrecht meinte Claude Guéant, Wahlkampfmanager von Sarkozy, dass sich das Magazin teils wiederhole. Eine andere Ausgabe der gerne mal populistischen Marianne titelte bereits mit "Ist Sarkozy verrückt?". Die Schlussfolgerung der aktuellen Nummer geht sicherlich zu weit: "Sein [Sarkozys] Wahnsinn ist der gleiche, der in der Vergangenheit werdende Diktatoren angetrieben hat".
Charlie Hebdo, zusammen mit dem Canard Enchaîné das investigative, sehr auf Karikaturen setzende Satireblatt, legt seiner heutigen Ausgabe ein 16-Seiten-Spezial "Sarkozy" bei und erhöht seinen Preis dafür von zwei auf drei Euro. Dem Leser schaut auf dem Titelbild ein karikierter Sarkozy in die Augen, der sagt: "Votez peur" (Wählen Sie Angst). Dieses Wortspiel ("Votez pour" hieße "Stimmen Sie für...") ist vor allem ein Fingerzeig an die je nach Umfrage 30 bis 46 Prozent der Wähler, die sich noch nicht auf einen Kandidaten festgelegt haben.
Die heutige Ausgabe von Libération titelt ganzseitig "Der beunruhigende Herr Sarkozy - Trotz seiner Bemühungen schafft es der Kandidat der UMP nicht, sein Image als Unruhestifter, das auch sein eigenes Lager stört, zu korrigieren". Die folgende Doppelseite der Rubrik Wahl-Spezial ist ausschließlich dem Titelthema gewidmet. Im Leitartikel heißt es, dass Sarkozy nicht den "geeigneten Charakter hat, um die Nation zu lenken". Der Autor zieht einen Vergleich mit den (ehemaligen) Präsidenten François Mitterrand und Jacques Chirac, die die gleichen Image-Probleme hatten und erst bei ihrer dritten Kandidatur in den Elysée-Palast einzogen, um dann schlusszufolgern: "Für sie hatte die Niederlage heilende Wirkung."
Und was halten die Franzosen von ihrem ehemaligen Innenminister? Laut einer Umfrage für den Figaro, die allerdings von Mitte Januar stammt, finden 49 Prozent der Franzosen, Sarkozy strahle Sicherheit aus, 43 Prozent verneinen dies. Anfang Februar fanden 68 Prozent der Befragten Sarkozy "sympathisch", Bayrou und Royal bekamen gar 91 beziehungsweise 81 Prozent.
Zum ersten Mal seit Mitte März schlägt Nicolas Sarkozy laut einer Umfrage des Instituts CSA im zweiten Wahlgang nicht mehr Ségolène Royal. Die Rivalen bekommen in der im Parisien veröffentlichten und am 16. April realisierten Umfrage beide 50 Prozent. Zuletzt lagen Royal und Sarkozy am 21. und 22. März auf Augenhöhe - in einer Erhebung desselben Instituts. Alle anderen Institute sagen seit dem 15. Januar, dem Tag nach Sarkozys offizieller Investitur, durchweg einen Sieg des UMP-Kandidaten gegen die Sozialistin voraus.
Das Institut Ipsos etwa sieht Sarkozy immer noch mit 52 zu 48 Prozent für Royal als Gewinner, wenn auch der Abstand zwischen beiden Kandidaten vor vier Tagen noch zehn Punkte betrug. Laut der gleichen Umfrage würde François Bayrou, sollte er den zweiten Wahlgang erreichen, Sarkozy gar mit 54 zu 46 Prozent schlagen. Die Konstellation Zentrist gegen Konservativen in der Stichwahl und die resultierende Abwesenheit der Linken wären für 61 Prozent jedoch ein "für die Demokratie Besorgnis erregendes Ereignis". 31 Prozent denken laut einer Umfrage des Instituts LH2 jedoch, dass dies "nicht von großer Bedeutung" sei. Weiter fänden es 78 Prozent der Befragten "schwerwiegend für Frankreichs internationales Ansehen", sollte Jean-Marie Le Pen es wie 2002 in den zweiten Wahlgang schaffen, 70 Prozent fänden diese Möglichkeit "schwerwiegend für die Demokratie".
Die zwölf Kandidaten würden laut der oben genannten Umfrage von CSA folgendermaßen abschneiden:
Oliver Besancenot: 4% (-)
Marie-Georges Buffet: 2% (-0,5)
Gérard Schivardi: 0% (-0,5)
François Bayrou: 19% (-2)
José Bové: 1,5% (-)
Dominique Voynet: 2% (+1)
Philippe De Villiers: 1,5% (-)
Ségolène Royal: 25% (+2)
Frédéric Nihous: 1,5% (-0,5)
Jean-Marie Le Pen: 15% (+0,5)
Arlette Laguiller: 1% (-1)
Nicolas Sarkozy: 27% (+1)