Ist François Bayrou dabei, politischen Selbstmord zu begehen?
Abgesehen davon, dass er nach der Stichwahl nicht unter den beiden Finalisten ist, hätte der erste Wahlgang für François Bayrou kaum positiver verlaufen können. Wann verbessert man sich schon mal von einer Wahl zur nächsten um fast fünf Millionen Stimmen? Zudem prognostizierten fast alle Umfragen Bayrou den dritten Platz, mit genügend Abstand zu Ségolène Royal und Jean-Marie Le Pen, so dass jedwede Hoffnung auf mehr fast vermessen gewesen wäre.
Wie vor ihm kein anderer drittplatzierter Kandidat einer Präsidentschaftswahl hat es der Zentrist geschafft, zumindest in der ersten Woche nach dem ersten Wahlgang im Mittelpunkt des Interesses - der Medien und der beiden Finalisten - zu stehen. Das war sicherlich ein Glanzstück, und aus Nicolas Sarkozys Kommentaren ließ sich deshalb auch eine gewisse Genervtheit heraushören. Die Frage ist jedoch, welches Interesse Bayrou daran hat, sich auf Royal zuzubewegen. Denn dieser Eindruck blieb von ihm letzte Woche haften: harte Kritik in Richtung Sarkozy und ein herzlicher Gedankenaustausch mit Royal.
Möchte Bayrou sich wirklich an einer Regierung mit der Parti socialiste beteiligen, für den Fall, dass Royal am 6.Mai gewinnt? Die PS-Kandidatin meinte die Tage, sie glaube zwar nicht, dass Bayrou ihr Premierminister werde, es gebe aber keine Denkverbote. Wie dem auch sei: Ein paar Ministerien oder gar der Posten des Premiers in der Hand der Zentrumspartei würden nichts daran ändern, dass eine solche Zusammenarbeit eben eine Beteiligung bliebe, den Zentristen also die Nebenrolle zufiele. So viel Bescheidenheit muss Bayrou mittlerweile nicht mehr an den Tag legen.
Denn sein Ziel müsste und kann nur die Präsidentschaftswahl 2012 sein. Bis dahin ist es aber noch lange hin, und Bayrou weiß genau, dass er es schwer haben wird im Rampenlicht zu bleiben. Der Posten des Premierministers wäre eine solche Möglichkeit. Aber es ist ein ungeschriebenes Gesetz der Fünften Republik, dass es vom Hôtel Matignon, dem Sitz des Regierungschefs, keinen direkten Weg zum Elysée-Palast gibt. Jacques Chirac musste das 1988 selbst einsehen. Beim zweiten Mal war Chirac schlauer. 1993, nach den von den Konservativen gewonnenen Wahlen zur Nationalversammlung, überließ der Parteichef Édouard Balladur den Vorzug, um 1995 schließlich Frankreichs Präsident zu werden.
Bleiben wir bei der Hypothese eines Royal-Sieges. Selbst wenn sich Bayrou nicht an einer PS-Regierung beteiligen sollte, wird sich die UMP zwei Mal überlegen, ob sie keine Gegenkandidaten mehr in den gut 20 Wahlkreisen aufstellt, die sie bei der letzten Wahl freiwillig Bayrous UDF überlassen hat. Jeder Sitz im Parlament wird zählen, um die ohnehin eingeschränkten Möglichkeiten der Opposition in der Nationalversammlung ausschöpfen zu können. Die UMP-Fraktion und Bayrous bis zu den Parlamentschaftswahlen neu zu gründende "Demokratische Partei" werden sich für eine konstruktive Oppositionsarbeit zusammenraufen müssen, nach den im Wahlkampf zwischen beiden Lagern ausgetauschten Sticheleien.
Bayrous dürfte also darauf hoffen, dass Sarkozy am nächsten Sonntag gewinnt. Die Unterschiede zwischen den beiden sind klarer, und in allen Umfragen vor dem ersten Wahlgang hat Bayrou den UMP-Kandidaten in einer hypothetischen Stichwahl geschlagen. Sollte Sarkozy nur ein paar seiner ambitionierten und oft wiederholten Versprechen wie die Vollbeschäftigung nicht einhalten können, ist Bayrou in fünf Jahren der ideale Herausforderer. Dafür braucht Bayrou aber die Rückendeckung einer gut organisierten Partei, auch um sich keine Fragen mehr zu seiner Regierungsmannschaft stellen lassen zu müssen.
Für die Gründung seiner "Demokratischen Partei" käme Bayrou daher eine Niederlage der Parti socialiste und die unvermeidliche Neustrukturierung der Partei sehr gelegen. Im Scherbenhaufen der PS würde sich der Zentrist die sozial-demokratischen Elemente herauspicken, um seinen Traum von einer "humanistischen, progressiven Partei" wahr zu machen. Die in Frage kommenden Politiker wie Dominique Strauss-Kahn werden sich bei der dritten verlorenen Präsidentschaftswahl der PS in Folge unweigerlich Gedanken über eine Neuorientierung machen.
Allerdings muss Bayrou aufpassen, dass ihm nicht die eigenen Schäfchen davon laufen. Vor allem bei einem Wahlsieg Sarkozys. Wie bekannt unterstützen fast alle UDF-Abgeordnete in der Nationalversammlung offen Sarkozy. Übrigens auch der Gründer der UDF höchstpersönlich, der ehemalige französische Präsident Valérie Giscard d'Estaing. Sarkozy hieß die 29 UDF-Parlamentarier am Sonntag schon herzlich willkommen in seiner neuen Mehrheit. Selbst bei den verbleibenden, überzeugten Zentristen kann man nicht davon ausgehen, dass sie alle Bayrou in seine "Demokratische Partei" folgen werden. Der aktuelle Bildungsminister Gilles de Robien machte sich gestern dafür stark, die UDF in ihrer jetzigen Form zu bewahren.
Hat man die Umfragen von Anfang des Jahres im Hinterkopf, ist Bayrou unbestritten die Überraschung und der erste Gewinner dieser Präsidentschaftswahl. Aber seine fast sieben Millionen Stimmen bedeuten auch eine neue Verantwortung für den Zentristen. Bayrou muss schauen, dass er diesen Schub in seiner neuen Partei bündelt und für die kommenden fünf Jahre mitnimmt. Zwischen der gefährlichen Nähe zu Royal auf der einen und den abtrünnigen Sarkozy-Unterstützern auf der anderen Seite ist Bayrou auf der Suche nach einem klaren Profil.
Wie vor ihm kein anderer drittplatzierter Kandidat einer Präsidentschaftswahl hat es der Zentrist geschafft, zumindest in der ersten Woche nach dem ersten Wahlgang im Mittelpunkt des Interesses - der Medien und der beiden Finalisten - zu stehen. Das war sicherlich ein Glanzstück, und aus Nicolas Sarkozys Kommentaren ließ sich deshalb auch eine gewisse Genervtheit heraushören. Die Frage ist jedoch, welches Interesse Bayrou daran hat, sich auf Royal zuzubewegen. Denn dieser Eindruck blieb von ihm letzte Woche haften: harte Kritik in Richtung Sarkozy und ein herzlicher Gedankenaustausch mit Royal.
Möchte Bayrou sich wirklich an einer Regierung mit der Parti socialiste beteiligen, für den Fall, dass Royal am 6.Mai gewinnt? Die PS-Kandidatin meinte die Tage, sie glaube zwar nicht, dass Bayrou ihr Premierminister werde, es gebe aber keine Denkverbote. Wie dem auch sei: Ein paar Ministerien oder gar der Posten des Premiers in der Hand der Zentrumspartei würden nichts daran ändern, dass eine solche Zusammenarbeit eben eine Beteiligung bliebe, den Zentristen also die Nebenrolle zufiele. So viel Bescheidenheit muss Bayrou mittlerweile nicht mehr an den Tag legen.
Denn sein Ziel müsste und kann nur die Präsidentschaftswahl 2012 sein. Bis dahin ist es aber noch lange hin, und Bayrou weiß genau, dass er es schwer haben wird im Rampenlicht zu bleiben. Der Posten des Premierministers wäre eine solche Möglichkeit. Aber es ist ein ungeschriebenes Gesetz der Fünften Republik, dass es vom Hôtel Matignon, dem Sitz des Regierungschefs, keinen direkten Weg zum Elysée-Palast gibt. Jacques Chirac musste das 1988 selbst einsehen. Beim zweiten Mal war Chirac schlauer. 1993, nach den von den Konservativen gewonnenen Wahlen zur Nationalversammlung, überließ der Parteichef Édouard Balladur den Vorzug, um 1995 schließlich Frankreichs Präsident zu werden.
Bleiben wir bei der Hypothese eines Royal-Sieges. Selbst wenn sich Bayrou nicht an einer PS-Regierung beteiligen sollte, wird sich die UMP zwei Mal überlegen, ob sie keine Gegenkandidaten mehr in den gut 20 Wahlkreisen aufstellt, die sie bei der letzten Wahl freiwillig Bayrous UDF überlassen hat. Jeder Sitz im Parlament wird zählen, um die ohnehin eingeschränkten Möglichkeiten der Opposition in der Nationalversammlung ausschöpfen zu können. Die UMP-Fraktion und Bayrous bis zu den Parlamentschaftswahlen neu zu gründende "Demokratische Partei" werden sich für eine konstruktive Oppositionsarbeit zusammenraufen müssen, nach den im Wahlkampf zwischen beiden Lagern ausgetauschten Sticheleien.
Bayrous dürfte also darauf hoffen, dass Sarkozy am nächsten Sonntag gewinnt. Die Unterschiede zwischen den beiden sind klarer, und in allen Umfragen vor dem ersten Wahlgang hat Bayrou den UMP-Kandidaten in einer hypothetischen Stichwahl geschlagen. Sollte Sarkozy nur ein paar seiner ambitionierten und oft wiederholten Versprechen wie die Vollbeschäftigung nicht einhalten können, ist Bayrou in fünf Jahren der ideale Herausforderer. Dafür braucht Bayrou aber die Rückendeckung einer gut organisierten Partei, auch um sich keine Fragen mehr zu seiner Regierungsmannschaft stellen lassen zu müssen.
Für die Gründung seiner "Demokratischen Partei" käme Bayrou daher eine Niederlage der Parti socialiste und die unvermeidliche Neustrukturierung der Partei sehr gelegen. Im Scherbenhaufen der PS würde sich der Zentrist die sozial-demokratischen Elemente herauspicken, um seinen Traum von einer "humanistischen, progressiven Partei" wahr zu machen. Die in Frage kommenden Politiker wie Dominique Strauss-Kahn werden sich bei der dritten verlorenen Präsidentschaftswahl der PS in Folge unweigerlich Gedanken über eine Neuorientierung machen.
Allerdings muss Bayrou aufpassen, dass ihm nicht die eigenen Schäfchen davon laufen. Vor allem bei einem Wahlsieg Sarkozys. Wie bekannt unterstützen fast alle UDF-Abgeordnete in der Nationalversammlung offen Sarkozy. Übrigens auch der Gründer der UDF höchstpersönlich, der ehemalige französische Präsident Valérie Giscard d'Estaing. Sarkozy hieß die 29 UDF-Parlamentarier am Sonntag schon herzlich willkommen in seiner neuen Mehrheit. Selbst bei den verbleibenden, überzeugten Zentristen kann man nicht davon ausgehen, dass sie alle Bayrou in seine "Demokratische Partei" folgen werden. Der aktuelle Bildungsminister Gilles de Robien machte sich gestern dafür stark, die UDF in ihrer jetzigen Form zu bewahren.
Hat man die Umfragen von Anfang des Jahres im Hinterkopf, ist Bayrou unbestritten die Überraschung und der erste Gewinner dieser Präsidentschaftswahl. Aber seine fast sieben Millionen Stimmen bedeuten auch eine neue Verantwortung für den Zentristen. Bayrou muss schauen, dass er diesen Schub in seiner neuen Partei bündelt und für die kommenden fünf Jahre mitnimmt. Zwischen der gefährlichen Nähe zu Royal auf der einen und den abtrünnigen Sarkozy-Unterstützern auf der anderen Seite ist Bayrou auf der Suche nach einem klaren Profil.