Marie-George Buffet, Kandidatin der Parti communiste
Marie-George Buffet ist eine von sechs linken Splitterkandidaten der anstehenden Wahl. Nur im Gegensatz zu Arlette Laguillers Lutte ouvrière, Olivier Besancenots Ligue communiste révolutionnaire, Dominique Voynets Grünen und Gérard Schivardis Arbeiterpartei (José Bové ist parteilos) kann man bei der Parti communiste (PC) nicht von einer zu vernachlässigenden Partei sprechen. Die PC gehört mit Nicolas Sarkozys UMP, François Bayrous UDF und Ségolène Royals PS zu den vier Parteien, die in der aktuellen Nationalversammlung vertreten sind. Besonders im Departement Seine-Saint-Denis nördlich von Paris hält die PC einige Bastionen, wie etwa den Generalrat oder das Rathaus der gleichnamigen Präfektur.
Überhaupt hat das Wort "Kommunist" in Frankreich einen anderen, unschuldigeren Klang als anderswo in Europa. Sozialismus und Kommunismus haben ihre Wurzeln zum Großteil im Paris der 1830er und 1840er Jahre, wo sich im Zuge der Arbeiterbewegung verschiedenste ideologische Strömungen herauskristallisierten. Auch Karl Marx weilte jahrelang in der französischen Hauptstadt, die unter der Julimonarchie von König Ludwig Philipp I. zusammen mit London die bei weitem liberalste und kosmopolitischste Stadt Europas war. Die Pariser Kommune von 1871 war der erste Versuch in der Geschichte, dieser ideologischen Vorbereitung eine praktische Chance zu geben.
Betrieb die Parti communiste während der Regierung der Links-Allianz Front populaire zwischen 1936 und 1938 noch eine Politik der passiven Unterstützung, beteiligten sich die Kommunisten an der ersten Regierung unter François Mitterrand anfangs mit vier Ministern.
Mit beiden Phasen der vereinigten Linken an der Macht assoziieren die Franzosen soziale Errungenschaften wie die Einführung und Ausdehnung des gesetzlich vorgeschriebenen bezahlten Urlaubs oder die Reduzierung der Wochenarbeitszeit. Trotzdem hat die Parti communiste im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung verloren. Bei den letzten Parlamentswahlen bekam sie 3,81 Prozent der Stimmen. Im europäischen Vergleich ist die PC immerhin im Parlament vertreten, aber den 25 Prozent wird man trotzdem nachtrauern, die die Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg lange zur größten linken Partei in Frankreich machten.
Als stärkste linke Kraft Frankreichs lernte Buffet die Parti communiste auch noch bei ihrem Parteieintritt 1969 kennen. Die Hierarchieleiter klettert Buffet aber erst knapp 20 Jahre später hoch, als sie 1987 Mitglied des Zentralkomitees der PC wird. 1997 wird sie Abgeordnete der Nationalversammlung und Ministerin für Jugend und Sport der Regierung Lionel Jospin (PS). Seit 2001 ist sie Nationalsekretärin der PC und nach der Abschaffung der Doppelspitze im Jahr 2002 alleinige Chefin der Partei.
Bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl hätte Buffet nach dem Willen der Parti communiste nicht nur die Kandidatin ihrer eigenen Partei, sondern der gesamten antiliberalen Linken werden sollen. Vor dem Referendum über die Europäische Verfassung am 29. Mai 2005 hatten die Formationen links der PS gemeinsam eine Kampagne für ein Non geführt. Gestärkt durch die Ablehnung der Verfassung mit 54,67 Prozent gründeten sich in der Folge "anitliberale Komitees", die die Dynamik des Non mit gemeinsamen Kandidaturen für die zukünftige Wahlen weiterführen wollten.
Viele hätten gerne José Bové die Präsidentschaftskandidatur anvertraut, ein Großteil der von den Kommunisten dominierten Komitees sprach sich aber für Buffet aus. Bei den restlichen Formationen wuchs das Gefühl, die PC möchte ihre Kandidatin durchdrücken und die Koalition der antiliberalen Linken ausnutzen, um Buffet eine breitere Basis zu verschaffen. Durch diese inneren Streitigkeiten brach die noch junge Koalition wieder auseinander. So kommt es, dass alle linken Kandidaten das Etikett "anitliberal" für sich beanspruchen, aber keiner die gesamte antiliberale Linke repräsentiert.
Buffets Vorschläge decken sich in ihrer Art mit denen der anderen Linken: Sie ist für eine umfangreichere Wohnpolitik, ein Unabhängigkeitsgeld für Jugendliche, die Erhöhung der Löhne und Renten, die Abschaffung des Steuerhöchstsatzes, eine Verdreifachung des Vermögenssteuersatzes, eine Verdoppelung der Einkommenssteuer, eine Erhöhung der Körperschaftssteuer. Die Budgets für Bildung und Kultur sollen auf sieben beziehungsweise zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht werden. Alle Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis sollen legalisiert werden; Ausländer, die seit fünf Jahren in Frankreich leben, sollen an allen Wahlen teilnehmen dürfen. Das ist bisher nur bei lokalen Wahlen der Fall.
Die verbreitete Forderung nach einer Sechsten Republik findet sich auch in Buffets Programm wieder. Die Version der Kommunistin, für die das aktuelle System eine "präsidentialistische Monarchie" ist, sieht die Einführung der Verhältniswahl für die Parlamentschaftswahlen vor. Das Verhältniswahlrecht wird in Frankreich aber wohl nie auf Dauer zu halten sein. Bei dem großen politischen Angebot ist von italienischen Zuständen auszugehen. Im südöstlichen Nachbarland Frankreichs mögen große Koalitionen und ständige Regierungswechsel fester Bestandteil der politischen Kultur sein. Die aktuelle Verfassung der Fünften Republik wurde aber eben gerade wegen der Instabilität der Vierten Republik von General de Gaulle erarbeitet. Zwischen 1945 und 1958 hielt in Frankreich keine Regierung länger als elf Monate durch.
Wenn das Programm der Parti communiste so sehr denen der anderen linken Gruppierungen ähnelt, was unterscheidet Buffet dann überhaupt von Besancenot, Bové und Co.? Für Buffet ist es vor allem ein gewisser Pragmatismus: "Ich sage mir nicht, ich habe Recht, ich bin zwar nur bei zwei, drei Prozent, aber das ist nicht schlimm. Ich denke, dass dies eine Position ist, die der sozialen und demokratischen Notwendigkeit nicht gerecht wird. Ich denke, dass wir so schnell wie möglich handeln müssen."
Mit anderen Worten: So weit weg von der PS und Royal ist die aktuelle Parti communiste nicht. Im Gegensatz zu den anderen antiliberalen Kandidaten. Robert Hue, Präsident der PC, kritisierte gestern "die Gefahr für die Linke, die von der linken Linken" komme. Dem LCR-Kandidaten Besancenot, dem Hue einen "absichtlichen Anti-PS-Wahlkampf" vorwarf, muss man in der Tat nicht mit Royal kommen (siehe Artikel weiter unten).
Überhaupt hat das Wort "Kommunist" in Frankreich einen anderen, unschuldigeren Klang als anderswo in Europa. Sozialismus und Kommunismus haben ihre Wurzeln zum Großteil im Paris der 1830er und 1840er Jahre, wo sich im Zuge der Arbeiterbewegung verschiedenste ideologische Strömungen herauskristallisierten. Auch Karl Marx weilte jahrelang in der französischen Hauptstadt, die unter der Julimonarchie von König Ludwig Philipp I. zusammen mit London die bei weitem liberalste und kosmopolitischste Stadt Europas war. Die Pariser Kommune von 1871 war der erste Versuch in der Geschichte, dieser ideologischen Vorbereitung eine praktische Chance zu geben.
Betrieb die Parti communiste während der Regierung der Links-Allianz Front populaire zwischen 1936 und 1938 noch eine Politik der passiven Unterstützung, beteiligten sich die Kommunisten an der ersten Regierung unter François Mitterrand anfangs mit vier Ministern.
Mit beiden Phasen der vereinigten Linken an der Macht assoziieren die Franzosen soziale Errungenschaften wie die Einführung und Ausdehnung des gesetzlich vorgeschriebenen bezahlten Urlaubs oder die Reduzierung der Wochenarbeitszeit. Trotzdem hat die Parti communiste im Laufe der Jahre immer mehr an Bedeutung verloren. Bei den letzten Parlamentswahlen bekam sie 3,81 Prozent der Stimmen. Im europäischen Vergleich ist die PC immerhin im Parlament vertreten, aber den 25 Prozent wird man trotzdem nachtrauern, die die Kommunisten nach dem Zweiten Weltkrieg lange zur größten linken Partei in Frankreich machten.
Als stärkste linke Kraft Frankreichs lernte Buffet die Parti communiste auch noch bei ihrem Parteieintritt 1969 kennen. Die Hierarchieleiter klettert Buffet aber erst knapp 20 Jahre später hoch, als sie 1987 Mitglied des Zentralkomitees der PC wird. 1997 wird sie Abgeordnete der Nationalversammlung und Ministerin für Jugend und Sport der Regierung Lionel Jospin (PS). Seit 2001 ist sie Nationalsekretärin der PC und nach der Abschaffung der Doppelspitze im Jahr 2002 alleinige Chefin der Partei.
Bei der diesjährigen Präsidentschaftswahl hätte Buffet nach dem Willen der Parti communiste nicht nur die Kandidatin ihrer eigenen Partei, sondern der gesamten antiliberalen Linken werden sollen. Vor dem Referendum über die Europäische Verfassung am 29. Mai 2005 hatten die Formationen links der PS gemeinsam eine Kampagne für ein Non geführt. Gestärkt durch die Ablehnung der Verfassung mit 54,67 Prozent gründeten sich in der Folge "anitliberale Komitees", die die Dynamik des Non mit gemeinsamen Kandidaturen für die zukünftige Wahlen weiterführen wollten.
Viele hätten gerne José Bové die Präsidentschaftskandidatur anvertraut, ein Großteil der von den Kommunisten dominierten Komitees sprach sich aber für Buffet aus. Bei den restlichen Formationen wuchs das Gefühl, die PC möchte ihre Kandidatin durchdrücken und die Koalition der antiliberalen Linken ausnutzen, um Buffet eine breitere Basis zu verschaffen. Durch diese inneren Streitigkeiten brach die noch junge Koalition wieder auseinander. So kommt es, dass alle linken Kandidaten das Etikett "anitliberal" für sich beanspruchen, aber keiner die gesamte antiliberale Linke repräsentiert.
Buffets Vorschläge decken sich in ihrer Art mit denen der anderen Linken: Sie ist für eine umfangreichere Wohnpolitik, ein Unabhängigkeitsgeld für Jugendliche, die Erhöhung der Löhne und Renten, die Abschaffung des Steuerhöchstsatzes, eine Verdreifachung des Vermögenssteuersatzes, eine Verdoppelung der Einkommenssteuer, eine Erhöhung der Körperschaftssteuer. Die Budgets für Bildung und Kultur sollen auf sieben beziehungsweise zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht werden. Alle Ausländer ohne Aufenthaltserlaubnis sollen legalisiert werden; Ausländer, die seit fünf Jahren in Frankreich leben, sollen an allen Wahlen teilnehmen dürfen. Das ist bisher nur bei lokalen Wahlen der Fall.
Die verbreitete Forderung nach einer Sechsten Republik findet sich auch in Buffets Programm wieder. Die Version der Kommunistin, für die das aktuelle System eine "präsidentialistische Monarchie" ist, sieht die Einführung der Verhältniswahl für die Parlamentschaftswahlen vor. Das Verhältniswahlrecht wird in Frankreich aber wohl nie auf Dauer zu halten sein. Bei dem großen politischen Angebot ist von italienischen Zuständen auszugehen. Im südöstlichen Nachbarland Frankreichs mögen große Koalitionen und ständige Regierungswechsel fester Bestandteil der politischen Kultur sein. Die aktuelle Verfassung der Fünften Republik wurde aber eben gerade wegen der Instabilität der Vierten Republik von General de Gaulle erarbeitet. Zwischen 1945 und 1958 hielt in Frankreich keine Regierung länger als elf Monate durch.
Wenn das Programm der Parti communiste so sehr denen der anderen linken Gruppierungen ähnelt, was unterscheidet Buffet dann überhaupt von Besancenot, Bové und Co.? Für Buffet ist es vor allem ein gewisser Pragmatismus: "Ich sage mir nicht, ich habe Recht, ich bin zwar nur bei zwei, drei Prozent, aber das ist nicht schlimm. Ich denke, dass dies eine Position ist, die der sozialen und demokratischen Notwendigkeit nicht gerecht wird. Ich denke, dass wir so schnell wie möglich handeln müssen."
Mit anderen Worten: So weit weg von der PS und Royal ist die aktuelle Parti communiste nicht. Im Gegensatz zu den anderen antiliberalen Kandidaten. Robert Hue, Präsident der PC, kritisierte gestern "die Gefahr für die Linke, die von der linken Linken" komme. Dem LCR-Kandidaten Besancenot, dem Hue einen "absichtlichen Anti-PS-Wahlkampf" vorwarf, muss man in der Tat nicht mit Royal kommen (siehe Artikel weiter unten).