Présidentielle 2007

Ein Blog über den französischen Präsidentschaftswahlkampf

Französische Präsidentschaftswahl

Dienstag, 15. Mai 2007

Sarkozy wirbt massiv um linke Persönlichkeiten für seine Regierung

Als Nicolas Sarkozy während des Wahlkampfes mit Vorliebe sozialistische Größen wie Jean Jaurès und Léon Blum zitierte, warf man dem Kandidaten der UMP Populismus und die Beanspruchung eines politischen Erbes, das nicht das seinige ist, vor. Jetzt scheint der frisch gewählte französische Präsident aber tatsächlich ernst zu machen. So ernst, dass die Realisierung der angekündigten «Öffnung nach links» größer als geahnt ausfällt und die parteiinternen Unterstützer Sarkozys fürchten, bei der spätestens am 21. Mai stattfindenden Vorstellung der neuen Minister auf der Strecke zu bleiben.

Seit Ende der letzten Woche gehen im provisorischen Pariser Büro des erst ab morgen regierenden Präsidenten linke Persönlichkeiten ein und aus. Über 30 Namen sind im Gespräch, vor allem ehemalige Minister der Parti socialiste (PS), Leute aus der Wirtschaft, aber auch beispielsweise Martin Hirsch, der Vorsitzende der Stiftung des kürzlich verstorbenen Abbé Pierre, dem Idol im Kampf gegen die Armut. Hubert Védrine, Bernard Kouchner und Claude Allègre, alle drei Minister unter dem ehemaligen PS-Premier Lionel Jospin, gehören zu den gefragtesten Kandidaten.

Allègre wird ziemlich sicher mit der Reform des Hochschulsystems beauftragt. Den anderen beiden, vor allem aber Kouchner, wurde der Außenministerposten angeboten. Für Kouchner, durch seine vielfältigen Engagements wie als Gründer von Ärzte ohne Grenzen oder als Verantwortlicher der UN-Mission im Kosovo bekannt und beliebt, würde mit dem Außenministerposten ein Traum in Erfüllung gehen, heißt es in seinem Umfeld. Von der PS fühlt sich der ehemalige Gesundheitsminister, der zusammen mit Michel Rocard vor dem ersten Wahlgang für eine Allianz Bayrou-Royal geworben hatte, schon lange vernachlässigt. Nicht nur für Sarkozy ist Kouchner ein idealer Kandidat: "Angesichts seines Alters hat er nichts mehr zu verlieren", sagte ein UMP-Abgeordneter. Die wütenden Reaktionen der Parti socialiste auf Sarkozys Wildern im linken Lager dürften Kouchner somit wenig jucken.

Innerhalb der UMP sorgt man sich um die sehr weitgehende Öffnung nach links der kommenden Regierung, die 15 Ministerien zählen soll. Dazu kommt das von Sarkozy am internationalen Frauentag am 8. Mai gegebene Versprechen, die Parität zwischen Frauen und Männern in seiner Regierung zu beachten. Da bleibt für die überwiegend männlichen Unterstützer Sarkozys bei höchstens acht «männlichen» Ministerien nicht viel Platz. «Ein linker Minister, okay; drei, das ist schon ganz schön viel», wird so auch ein UMP-Abgeordneter zitiert. Ungewohnt offensiv und ironisierend meinte Patrick Devedjian, ein treuer Untergebener Sarkozys, der als Justizminister gehandelt wird, er sei dafür, «bei der Öffnung sehr weit zu gehen, und zwar bis zu den 'Sarkozysten'».

Überhaupt mag verwundern, dass Sarkozy nach der letztlich souverän gewonnenen Stichwahl seine Regierung so sehr für linke Persönlichkeiten öffnen will. Anscheinend möchte der zukünftige Präsident allen Vorwürfen der Machtkonzentrierung vorbeugen und keine «Regierung der Dankbarkeit» aufstellen, wie dies Jacques Chirac am Anfang seines ersten Mandates 1995 vorgeworfen wurde.

Genauso wie das Zitieren von linken Helden kann aber auch die Berufung von linken Ministern ein reines Manöver sein: Nach den Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni wird auch schon die erste Regierungsumbildung anstehen. Dabei werden sicher die leer ausgegangenen Unterstützer zumindest mit Staatssekretärsposten zufriedengestellt.


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