Présidentielle 2007

Ein Blog über den französischen Präsidentschaftswahlkampf

Französische Präsidentschaftswahl

Sonntag, 22. April 2007

Erste Zahlen: Stichwahl Sarkozy gegen Royal

Das Resultat der Präsidentschaftswahl scheint dem Bild der letzten Umfragen frappierend zu ähneln, glaubt man den auf der Webseite der Schweizer Zeitung Le Temps veröffentlichten Zahlen. Laut dem Institut Ipsos treffen im zweiten Wahlgang Nicolas Sarkozy und Ségolène Royal aufeinander. François Bayrou kratzt zwar an der 20-Prozent-Marke, kann aber Royal den Rang nicht ablaufen. Angeblich stützt sich das Umfrageinstitut auf erste offizielle Zahlen und nicht auf die üblichen Befragungen an den Ausgängen der Wahllokale. Die Werte der vier Erstplatzierten sähen so aus:

1. Nicolas Sarkozy (UMP) 30,0 %
2. Ségolène Royal (PS) 25,5 %
3. François Bayrou (UDF) 19 %
4. Jean-Marie Le Pen (FN) 11 %


Rekord-Wahlbeteiligung wird immer konkreter: 87% erwartet

Die starke Wahlbeteiligung des Vormittags setzt sich weiter fort. Um 17 Uhr hatten schon 73,87 Prozent der in den Wählerlisten registrierten Franzosen ihre Stimme abgegeben, 15 mehr als zum gleichen Zeitpunkt bei der Wahl 2002. Die Institute Ipsos und Ifop gehen inzwischen von einer Gesamtwahlbeteiligung von 87 Prozent aus, womit der bisherige Höchstwert aus dem Jahr 1965 geschlagen wäre, als sich im ersten Wahlgang 84,75 Prozent an der ersten Direktwahl des Präsidenten in der Fünften Republik beteiligten. Ein Großteil der Wahlbüros hat schon um 18 Uhr geschlossen, in sechs Departements der Region Île-de-France und einigen Großstädten wird bis 19 oder sogar 20 Uhr gewählt.

Fragt sich nur, wem der Sturm auf die Urnen nützt. Es ist eher nicht davon auszugehen, dass die "kleinen" Kandidaten so gut wie 2002 abschneiden. Wahrscheinlicher ist, dass die Franzosen im Sinne des Aufrufs der Zeitung Le Monde (siehe Artikel vom Freitag) massiv für Sarkozy oder Royal wählen. Oder sollte sich die unter den Bayrou-Sympathisanten besonders verbreitete Spezies der lange Unentschlossenen letztendlich für den Zentristen entschieden haben? Die Franzosen scheinen auf jeden Fall die Bedeutung dieser Wahl zu spüren. In einer Stunde, wenn die ersten offiziellen Hochrechnungen veröffentlicht werden, wissen wir mehr.


Rekord-Wahlbeteiligung in Aussicht

Der erste Wahlgang der Präsidentschaftswahl scheint die Franzosen wie selten zu mobilisieren. Die bisher einzige offizielle Zahl zur Wahlbeteiligung stammt von 12 Uhr. Sie betrug mit 31,2 Prozent zehn Punkte mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2002. Einige träumen nun gar von einer Wahlbeteiligung von bis zu 80 Prozent. Die Wahllokale schließen heute Abend um 20 Uhr.


Samstag, 21. April 2007

Übersee-Franzosen wählen schon heute

Einige Franzosen dürfen heute schon wählen, einen Tag vor dem Wahltermin: In den französischen Überseegebieten auf der anderen Seite des Atlantiks (Antillen und Französisch-Guyana) hat man sich dazu entschlossen, nicht wie 2002 bei Kenntnis des Wahlergebnisses auf dem europäischen Mutterland zu wählen.

Damals waren bei Bekanntgabe der ersten Hochrechnungen um 20 Uhr Pariser Zeit die Wahllokale auf den Antillen noch vier Stunden geöffnet. Die sich ohnehin im Vergleich mit den Festlandfranzosen oft benachteiligt fühlenden Insulaner hatten das Gefühl, ihre Stimme habe kein Gewicht.
Natürlich dürfen heute Abend aber keine Ergebnisse von den betroffenen Überseegebieten veröffentlicht werden, nur die Wahlbeteiligung wird publik gemacht. Die betrug 2002 aber beispielsweise auf Martinique nur gut 35 Prozent.

Weit weg vom kontinentalen Frankreich ist es oft schwer, die Einwohner für das politische Geschehen im Mutterland zu interessieren. Auch wenn die großen Kandidaten alle zu Wahlkampfterminen auf mehreren Inseln im Atlantik waren, bei der Vielzahl von Überseegebieten gehen gezwungenermaßen einige leer aus. Wie Neu-Kaledonien, das gut 16000 Kilometer von Paris entfernt ist - einfach zu weit weg. Deshalb adressieren sich die Kandidaten vorzugsweise per Internet in Videobotschaften an die dortige Bevölkerung.

Wahlkampfmeetings, in France métropolitaine Großveranstaltungen mit zuletzt bis zu 20000 Menschen (Ségolène Royal in Toulouse), sehen auf den Inseln ein bisschen anders aus. Auf dem Sender France 2 konnte man ein UDF-Mitglied sehen, das in Badehose und mit Blumenkranz auf dem Kopf etwa 30 Personen erklärte, was es mit der Wahl auf sich hat und wer überhaupt der aktuelle Präsident Frankreichs ist. François Bayrou wurde vorgestellt mit den Worten: "Er hat zwar große Ohren, aber er ist trotzdem sehr nett."

Auch wenn der Wahlkampf also abseits vom französischen Festland pittoresker abläuft, darf man das Gewicht der Übersee-Franzosen nicht unterschätzen: Ingesamt leben dort über 2,5 Millionen Franzosen. Natürlich sind diese nicht alle wahlberechtigt oder in den Wählerlisten registriert. Trotzdem bleibt ein Stimmen-Paket übrig, das vor allem in der Stichwahl entscheidend sein könnte. 1974 beispielsweise schlug Valérie Giscard d'Estaing seinen Rivalen François Mitterrand nur mit gut 570000 Stimmen Unterschied.

Aber nicht nur in den französischen Überseegebieten, auch im Ausland gilt es, Stimmen zu erobern. 82000 im Ausland lebende Franzosen haben sich in die Wählerlisten eingeschrieben. Nicolas Sarkozy hielt eines seiner ersten Meetings nach seiner Kandidateninvestitur vor 1000 überwiegend jungen Franzosen in London, um zu signalisieren, dass er der Auswanderung von Hochqualifizierten entgegenzusteuern gedenke. Anlässlich ihrer Besuche bei Angela Merkel organisierten Sarkozy und Royal jeweils einen Wahlkampftermin in Berlin, wo 80000 Franzosen leben sollen.

In Australien wiederum leben gut 10000 Franzosen. Vor allem das wirtschaftlich florierende Perth zieht die Franzosen an. Aber auch in der australischen Großstadt spiegelt sich das generell geringe Interesse am Geschehen im Mutterland in den Wählerlisten wider: Von 5000 französischen Einwohnern sind nur gut 600 registriert und somit stimmberechtigt.


Freitag, 20. April 2007

Letzte Umfrage: Sarkozy schlägt Royal in einer Stichwahl

Eine der letzten Wahlumfragen vor dem Urnengang diesen Sonntag (ab Mitternacht bis Sonntag, 20 Uhr, ist die Veröffentlichung von Umfragen verboten) gibt weiterhin das gewohnte Bild: Mit einem komfortablen Vorsprung setzt sich Nicolas Sarkozy im ersten Wahlgang ab, um in der folgenden Stichwahl Ségolène Royal zu schlagen, wenn auch der Abstand zwischen den beiden immer kleiner wird. Er beträgt nur noch zwei Punkte, womit die beiden jeweils zwei Punkte verlieren (Sarkozy) beziehungsweise gewinnen (Royal).
Das Tableau nach dem ersten Wahlgang sähe laut der neuesten Umfrage des Instituts Ifop so aus:

Oliver Besancenot: 4% (-)
Marie-Georges Buffet: 2% (-)
Gérard Schivardi: 0,5% (-)
François Bayrou: 20% (+1)
José Bové: 1,5% (-)
Dominique Voynet: 1,5% (-)
Philippe De Villiers: 2,5% (-)
Ségolène Royal: 22,5% (-)
Frédéric Nihous: 1,5% (-0,5)
Jean-Marie Le Pen: 13% (+0,5)
Arlette Laguiller: 2% (-1)
Nicolas Sarkozy: 28% (-)


Libération spricht sich für Royal und gegen Bayrou aus

Nach dem Aufruf von Le Monde, für Ségolène Royal oder Nicolas Sarkozy zu stimmen (siehe gestriger Beitrag), bezieht heute Libération klar Position. Die linke Tageszeitung versucht auf acht(!) kompletten Seiten inklusive der Titelseite, die Gemeinsamkeiten und vor allem die Unterschiede zwischen François Bayrou und Royal herauszustellen.

Chefredakteur Laurent Joffrin richtet sich im Leitartikel an die unentschlossenen Wähler und macht klar, dass eine "Wählerstimme eine Entscheidung und keine Botschaft" sei. "Wenn man Bayrou wählt, beschließt man in Wahrheit, dass die Linke zum zweiten Mal in Folge im ersten Wahlgang ausscheidet und anders gesagt von der politischen Landkarte gestrichen wird", führt Joffrin fort. Bayrou wirft er vor, zwar "mit Verstand vom Haushaltsloch und den Defiziten zu sprechen", aber "nichts Großartiges für die Vergessenen des wirtschaftlichen Aufschwungs" bereit zu halten, wenn es denn überhaupt zum Aufschwung komme. Joffrin erinnert schwelgend an historische Errungenschaften der Linken, ihre "gewonnenen Kämpfe", um dann dem letzten Unentschlossenen zu versichern: Royal werde nicht den "alten Sozialismus wiederherstellen, sondern ihn sprengen".


Donnerstag, 19. April 2007

Le Monde fordert Stichwahl Royal-Sarkozy

Der Leitartikel der heutigen Ausgabe von Le Monde ruft klar dazu auf, entweder für Ségolène Royal oder für Nicolas Sarkozy zu stimmen. Es sei notwendig, dass sich nach dem ersten Wahlgang zwei grundsätzlich verschiedene Gesellschaftsprojekte gegenüberstünden, damit das Land im "zweiten Wahlgang eindeutig sagen kann, in welche Richtung es gehen will". Unter diesem Gesichtspunkt gebe es nur zwei Optionen: Sarkozy oder Royal. Vor allem gehe es auch darum, nicht noch einmal eine böse Überraschung wie bei der Wahl 2002 zu erleben. Damals kam bekanntlich der Rechtsextreme Jean-Marie Le Pen auch dank der Zersplitterung des linken Lagers in den zweiten Wahlgang.


Wahlergebnisse schon vor offizieller Bekanntgabe im Internet?

Eine Reihe von Bloggern haben angekündigt, das Gesetz zur Bekanntgabe von Hochrechnungen der Wahlergebnisse zu umgehen. Eigentlich sind solche Veröffentlichungen erst ab 20 Uhr erlaubt. Im rechtsfreien Raum des Internets aber wollen zum Beispiel jean-marmorandini.com und birenbaum.blog.20minutes.fr Gerüchte zum Ergebnis der Wahl verbreiten, die in den Redaktionen der Zeitungen schon vor der offiziellen Bekanntgabe kursieren.

Bereits bei den letzen beiden Präsidentschaftswahlen wurden vorzeitig die Ergebnisse im Netz veröffentlicht, nie war aber der Einfluss der Blogger so groß wie jetzt.


Endspurt vor dem ersten Wahlgang - Zapatero unterstützt Royal

Heute Abend halten die meisten Kandidaten ihre abschließenden Meetings. François Bayrou ist in seiner Heimatregion Aquitanien, Ségolène Royal in Toulouse und Nicolas Sarkozy in Marseille. Schon seit Anfang der Woche sind die Menschenmassen auf den Großveranstaltungen der Kandidaten immer beindruckender und enthusiastischer. Olivier Besancenot konnte gestern Abend mit 4000 Zuhörern einen neuen Rekord für ein Meeting seiner Partei Ligue communiste révolutionnaire aufstellen. Ebenfalls gestern Abend erreichte Bayrou mit 17000 Menschen bei einer Veranstaltung in Paris die höchste Besucherzahl der gesamten Kampagne.

Je nach Angaben wurde diese Zahl heute Abend von Royal übertrumpft. Die Kandidatin der PS konnte noch einmal namhafte Unterstützung verbuchen. Auf ihrem Meeting in Toulouse begleitete José Luis Zapatero, der spanische Premierminister. Ihm erscheine es wichtig, dass sich zum ersten Mal eine Frau anschicke, Präsidentin Frankreichs zu werden, sagte Zapatero. Gleichzeitig sprach er aber auch Sarkozy "Respekt und Bewunderung" aus und lobte die "wichtigen Beziehungen mit ihm als Innenminister und auch jetzt als Kandidat".

Zudem sind Royal 200 Intellektuelle zur Seite gesprungen, die in einer gemeinsamen Petition dazu auffordern, schon im ersten Wahlgang für die PS-Kandidatin zu stimmen. Damit mischen sich die Unterzeichner in die Debatte um die "vote utile" ein, in der über das Für und Wider einer Wahl aus Überzeugung und einer Wahl des geringeren Übels diskutiert wird. Vor einigen Wochen fanden sich hinter einer Aufsehen erregenden Initiative gleicher Art für Sarkozy auffällig viele traditionell linke Intellektuelle.

Der Kandidat der UMP rief heute zur Aktion "72 Stunden allgemeine Mobilisierung zur Wahl von Nicolas Sarkozy" auf. Bis Samstagabend sollen die UMP-Mitglieder und Wähler alles tun, um unentschiedene Wähler für ihren Liebling zu gewinnen.

Wie zu erwarten verschärft sich bei allen Kandidaten der Ton, Konkurrenten werden direkt und namentlich angegriffen. Bayrou nahm sich Sarkozy und den ehemaligen PS-Premier Lionel Jospin zur Brust: "Wenn mir Sarkozy vorwirft, links zu sein und Jospin, rechts zu sein, weiß ich, dass ich alles richtig mache."

Nicht alle Attacken sind aber so harmlos. Jean-Marie Le Pen sieht immer mehr seine Felle wegschwimmen, in vielen Umfragen liegt er bei 13 Prozent. Der Kandidat der Front national denkt, doch noch die Überraschung vom 21. April wiederholen zu können, indem er Sarkozy direkt angreift. Nachdem Le Pen letzteren schon als den "Kandidaten der Immigration" bezeichnete, glänzte er jetzt mit der Feststellung, nur einer von vier Großelternteilen Sarkozys sei Franzose gewesen. Der Vater des UMP-Kanidaten habe sich zudem erst in den 80er Jahren einbürgern lassen. Vor diesem Hintergrund "erfüllt Sarkozy nicht die ethischen Bedingungen einer Kandidatur", findet Le Pen. Dass auch im Französischen ein Buchstabe ausreicht, um aus "ethisch" "ethnisch" zu machen, dürfte Le Pen kaum stören.


Mittwoch, 18. April 2007

Valérie Giscard d'Estaing unterstützt Sarkozy

In einem Morgen in der Zeitung Le Parisien erscheinenden Beitrag bringt Valérie Giscard d'Estaing seine Sympathie für Nicolas Sarkozy zum Ausdruck. Für den ehemaligen französischen Präsident (1974 - 1981) und Gründer der UDF, deren Vorsitzender heute François Bayrou ist, ist der Kandidat der UMP der einzige, der "alle Bedingungen erfüllt, die es erlauben unseren kommenden Präsidenten guten Gewissens zu wählen".

Bayrou sorge weiterhin für Unsicherheit und Spekulationen, weil nicht klar sei, mit wem er regieren würde. Giscard folgt mit seiner Positionierung einer Reihe wichtiger UDF-Politiker, die sich in Bayrous Distanzierung vom traditionellen Partner UMP nicht wiedererkennen. Gerade auf lokaler Ebene stellen die Konservativen und die Zentristen oftmals gemeinsame Wahllisten auf. Selbst die 29 Sitze in der aktuellen Nationalversammlung verdankt die UDF zum Teil der UMP, die in manchen Wahlkreisen auf einen Gegenkandidaten verzichtete.

Wie zufällig ist Sarkozy heute am Vorabend von Giscards Ankündigung mit den UDF-Abtrünnigen Simone Veil, André Santini, Christian Blanc und Bildungsminister Gilles de Robien zu Wahlkampfzwecken unterwegs. Claude Guéant, Sarkozys Wahlkampfmanager, unterstreicht gerne, dass 50 Prozent der potentiellen Bayrou-Wähler sich ihrer Wahl noch nicht sicher seien und dies nur bei 25 Prozent von Sarkozys Wählerschaft der Fall sei. Und so hofft Guéant, dass "Giscards Unterstützung die zentristischen Wähler beeinflusst".


Finale Medienoffensive gegen Sarkozy

In der letzten Woche vor dem ersten Wahlgang werden in einigen Medien noch einmal alle Geschütze aufgefahren. Im Fadenkreuz ist vor allem Sarkozy, dem trotz seines Ausspruchs "Ich habe mich geändert" in seiner ersten Rede als offizieller Kandidat der UMP nachgesagt wird, weiterhin durch sein harsches Auftreten und seine oft provokanten Positionen die Nation zu spalten.

Das wöchentlich erscheinende Magazin Marianne etwa betitelte seine letzte Ausgabe "Was die Medien nicht aufdecken wollen oder sich nicht trauen". Die Auflage von 300000 Exemplaren war nach zwei Tagen vergriffen, in einer Neuauflage wurden nochmals 60000 Hefte gedruckt. Nicht ganz zu Unrecht meinte Claude Guéant, Wahlkampfmanager von Sarkozy, dass sich das Magazin teils wiederhole. Eine andere Ausgabe der gerne mal populistischen Marianne titelte bereits mit "Ist Sarkozy verrückt?". Die Schlussfolgerung der aktuellen Nummer geht sicherlich zu weit: "Sein [Sarkozys] Wahnsinn ist der gleiche, der in der Vergangenheit werdende Diktatoren angetrieben hat".

Charlie Hebdo, zusammen mit dem Canard Enchaîné das investigative, sehr auf Karikaturen setzende Satireblatt, legt seiner heutigen Ausgabe ein 16-Seiten-Spezial "Sarkozy" bei und erhöht seinen Preis dafür von zwei auf drei Euro. Dem Leser schaut auf dem Titelbild ein karikierter Sarkozy in die Augen, der sagt: "Votez peur" (Wählen Sie Angst). Dieses Wortspiel ("Votez pour" hieße "Stimmen Sie für...") ist vor allem ein Fingerzeig an die je nach Umfrage 30 bis 46 Prozent der Wähler, die sich noch nicht auf einen Kandidaten festgelegt haben.

Die heutige Ausgabe von Libération titelt ganzseitig "Der beunruhigende Herr Sarkozy - Trotz seiner Bemühungen schafft es der Kandidat der UMP nicht, sein Image als Unruhestifter, das auch sein eigenes Lager stört, zu korrigieren". Die folgende Doppelseite der Rubrik Wahl-Spezial ist ausschließlich dem Titelthema gewidmet. Im Leitartikel heißt es, dass Sarkozy nicht den "geeigneten Charakter hat, um die Nation zu lenken". Der Autor zieht einen Vergleich mit den (ehemaligen) Präsidenten François Mitterrand und Jacques Chirac, die die gleichen Image-Probleme hatten und erst bei ihrer dritten Kandidatur in den Elysée-Palast einzogen, um dann schlusszufolgern: "Für sie hatte die Niederlage heilende Wirkung."

Und was halten die Franzosen von ihrem ehemaligen Innenminister? Laut einer Umfrage für den Figaro, die allerdings von Mitte Januar stammt, finden 49 Prozent der Franzosen, Sarkozy strahle Sicherheit aus, 43 Prozent verneinen dies. Anfang Februar fanden 68 Prozent der Befragten Sarkozy "sympathisch", Bayrou und Royal bekamen gar 91 beziehungsweise 81 Prozent.


Sarkozy und Royal erstmals wieder gleichauf

Zum ersten Mal seit Mitte März schlägt Nicolas Sarkozy laut einer Umfrage des Instituts CSA im zweiten Wahlgang nicht mehr Ségolène Royal. Die Rivalen bekommen in der im Parisien veröffentlichten und am 16. April realisierten Umfrage beide 50 Prozent. Zuletzt lagen Royal und Sarkozy am 21. und 22. März auf Augenhöhe - in einer Erhebung desselben Instituts. Alle anderen Institute sagen seit dem 15. Januar, dem Tag nach Sarkozys offizieller Investitur, durchweg einen Sieg des UMP-Kandidaten gegen die Sozialistin voraus.

Das Institut Ipsos etwa sieht Sarkozy immer noch mit 52 zu 48 Prozent für Royal als Gewinner, wenn auch der Abstand zwischen beiden Kandidaten vor vier Tagen noch zehn Punkte betrug. Laut der gleichen Umfrage würde François Bayrou, sollte er den zweiten Wahlgang erreichen, Sarkozy gar mit 54 zu 46 Prozent schlagen. Die Konstellation Zentrist gegen Konservativen in der Stichwahl und die resultierende Abwesenheit der Linken wären für 61 Prozent jedoch ein "für die Demokratie Besorgnis erregendes Ereignis". 31 Prozent denken laut einer Umfrage des Instituts LH2 jedoch, dass dies "nicht von großer Bedeutung" sei. Weiter fänden es 78 Prozent der Befragten "schwerwiegend für Frankreichs internationales Ansehen", sollte Jean-Marie Le Pen es wie 2002 in den zweiten Wahlgang schaffen, 70 Prozent fänden diese Möglichkeit "schwerwiegend für die Demokratie".

Die zwölf Kandidaten würden laut der oben genannten Umfrage von CSA folgendermaßen abschneiden:

Oliver Besancenot: 4% (-)
Marie-Georges Buffet: 2% (-0,5)
Gérard Schivardi: 0% (-0,5)
François Bayrou: 19% (-2)
José Bové: 1,5% (-)
Dominique Voynet: 2% (+1)
Philippe De Villiers: 1,5% (-)
Ségolène Royal: 25% (+2)
Frédéric Nihous: 1,5% (-0,5)
Jean-Marie Le Pen: 15% (+0,5)
Arlette Laguiller: 1% (-1)
Nicolas Sarkozy: 27% (+1)


Dienstag, 17. April 2007

Ex-Premier gegen Allianz Bayrou-Royal

Nach dem Nein zu einer Allianz François Bayrou-Ségolène Royal von Wortführern der Parti socialiste wie Parteichef François Hollande lehnte gestern auch Lionel Jospin eine derartige Zusammenarbeit ab. Der ehemalige Premierminister und Präsidentschaftskandidat von 2002 meinte, als "kurzfristige Taktik" sei eine derartige Allianz nicht "angebracht", als "langfristig angelegte Strategie" nicht "stichhaltig". Währenddessen lobte in Claude Allègre ein weiterer ehemaliger Minister unter Michel Rocard die Initiative seines Ex-Chefs.

Daniel Cohn-Bendit, der ab und zu in den französischen Medien das politische Geschehen in Frankreich kommentiert, ist derweil für eine Koalition bestehend aus Royals PS, Bayrous UDF und Dominique Voynets Grünen. Schon im März hatte Cohn-Bendit im Radiosender France Inter seine Sympathie für Bayrou zum Ausdruck gebracht.


Montag, 16. April 2007

Bayrou sieht von Allianz mit Royal vorerst ab

Nach seiner Begeisterung für den Vorstoß von Michel Rocard und Bernard Kouchner bezüglich einer Allianz mit Ségolène Royal zeigte sich François Bayrou heute Morgen zurückhaltender. In einem Interview für den Radiosender France Inter meinte der UDF-Kandidat, "bei einer Präsidentschaftswahl ist jegliche Allianz vor dem Urnengang unvorstellbar".


Sarkozy wirft mit Versprechen um sich

Zu Gast in den 20-Uhr-Nachrichten des wichtigsten französischen Fernsehsenders TF1 hat Sarkozy soeben mit Versprechen richtiggehend um sich geworfen. Der UMP-Kandidat habe gestern die Mutter eines von zwei Minderjährigen getöteten Mädchens getroffen, eine Begegnung, die ihn sehr bewegt habe. Das Versprechen folgte sogleich: "Falls ich gewählt werde, ist das Problem der Wiederholungstäter und der minderjährigen Straftäter im Sommer 2007 geregelt." Auf die Frage, ob er dazu nicht schon als Innenminister Zeit genug gehabt habe, bedauerte Sarkozy, dass er vor allem beim Senken der Strafmündigkeit auf 16 Jahre in seiner Partei keine Rückendeckung hatte.

Sarkozy sprach weiter von einer "Menge Akten, die auf dem Schreibtisch des kommenden Präsidenten warten": Die Konflikte im Iran, in Israel/Palästina und in Tschetschenien wollen geregelt werden. Sein erster Amtsbesuch werde ihn allerdings woanders hin führen: "Nach Berlin und Brüssel, um Europa wieder in Gang zu bringen." Dass er in der deutschen Hauptstadt mit offenen Armen empfangen werden würde, dürfte nach seinen Auslassungen über die "Endlösung" und die Gaskammern zu bezweifeln sein.

Von der Vollbeschäftigung sei Frankreich nicht mehr weit weg. Es reiche, Sarkozys Vorschläge im Sinne seines Slogans "Mehr arbeiten, um mehr zu verdienen" umzusetzen - der resultierende Prozentpunkte mehr an Wirtschaftswachstum werde es Frankreich erlauben, in einem Atemzug mit den Vorbildern Großbritannien, Irland und Skandinavien genannt zu werden.


Umfrage sieht Royal leicht im Aufwind

Das Institut Ifop veröffentlichte gestern seine wöchtentliche Umfrage über die Wahlabsichten der Franzosen. Im Vergleich zur Vorwoche geben vier Prozent mehr der Befragten an, ihrer Entscheidung sicher zu sein (63%). Andererseits machten diese Woche sieben Prozent keine Angabe, während es letzte Woche nur zwei Prozent waren. Im zweiten Wahlgang würden wie gehabt Ségolène Royal und Nicolas Sarkozy aufeinandertreffen, das Ergebnis jedoch wäre knapper: Fie beiden gewinnen beziehungsweise verlieren jeweils einen Punkt, Sarkozy würde Royal "nur" noch mit 53 zu 47 Prozent schlagen. Die Werte im Einzelnen (in Klammern die Veränderung zur Vorwoche):

Oliver Besancenot: 4% (-0,5)
Marie-Georges Buffet: 3% (-0,5)
Gérard Schivardi: 0,5% (-)
Francois Bayrou: 18% (-1)
José Bové: 2,0% (-)
Dominique Voynet: 1% (-0,5)
Philippe De Villiers: 2% (+0,5)
Ségolène Royal: 24% (+2)
Frédéric Nihous: 2% (+1)
Jean-Marie Le Pen: 13% (-1)
Arlette Laguiller: 2% (-)
Nicolas Sarkozy: 28,5% (-1


Weiterer Fürsprecher für eine Allianz Royal-Bayrou

Nach dem Vorstoß des Ex-Premiers Michel Rocard (siehe Beitrag vom 14. April) spricht sich auch dessen ehemaliger Gesundheitsminister für eine Zusammenarbeit der Sozialistin Royal mit dem Zentristen Bayrou aus. Bernard Kouchner, Mitbegründer von Ärzte ohne Grenzen, schreibt im gestrigen Journal du Dimanche, dass die französische "Linke nicht die Allianz mit einem erneuerten Zentrum ablehnen darf", genauso wie es "unsere europäischen Nachbarn [...] schon geschafft haben".

Der Term Sozial-Demokratie macht vor allem im Bezug auf die erwähnte Allianz immer mehr die Runde. Der der deutschen SPD nahe stehende PS-Politiker Dominique Strauss-Kahn, bei der parteiinternen Kandidatenwahl Royal unterlegen, lehnt eine Zusammenarbeit mit Bayrou auch nicht so entschieden ab wie beispielsweise PS-Chef François Hollande: "Die Frage der Vereinigung aller, um gegen Nicolas Sarkozy zu kämpfen, stellt sich nach dem 22. April." Kouchner zeigt sich in seinem heutigen Beitrag ebenfalls realistisch: "Ich weiß, dass sich die Allianzen erst nach dem ersten Wahlgang knüpfen." Rocard, Vater des Gedankens, hatte am Freitag für eine Zusammenarbeit Royal-Bayrou vor dem ersten Wahlgang plädiert.

Die Betroffenen selbst sind entsprechend ihrer Umfragewerte gespalten. Die seit Wochen in Wahlprognosen zweitplatzierte Royal antwortet auf Fragen nach einer möglichen Allianz ausweichend, um an anderer Stelle Bayrou als "respektable Persönlichkeit" zu bezeichnen, die aber weder ein "Programm noch ein Unterstützerteam" habe.

Bayrou, der sich immer mehr bei knapp unter 20 Prozent als dritter Mann einpendelt, ist von Rocards Initiative begeistert: "Die Erklärungen von Michel Rocard öffnen neue Perspektiven." Das "positive Signal" Rocards zeige, dass eine "neue humanistische und fortschrittliche Mehrheit möglich ist".


Samstag, 14. April 2007

Anti-Sarkozy-Gruppe breitet ihre Aktionen aus

Einen gewissen kreativen Humor muss man den Franzosen ja lassen, wenn es darum geht, ihren Unmut auszudrücken. Man erinnert sich zum Beispiel an das Kollektiv Jeudi Noir, dass im letzten Winter immer donnerstags, wenn die Wohnungsanzeigen erscheinen, in Paris die Wohnungen mit dem aberwitzigsten Preis-Leistungsverhältnis enterte, um vor den Augen des verdutzten Vermieters eine spontane Party zu schmeißen.

Eine ähnliche Aktion begann am Dienstag dieser Woche in Paris (siehe Eintrag vom 12. April). In Anspielung auf ein Sarkozy-Zitat ziehen Studenten frühmorgens durch Paris, um ihr "Land aufzuwecken, das fünf Jahren Sarkozy entgegentaumelt". Das Kollektiv hat nun seine eigene Internetseite (http://lafrancequiselevetot.over-blog.org), auf der man sich die Videos ihrer "Weck-Einsätze" ansehen kann. Mit Megaphonen verkündet die Gruppe: "Aufwachen. Es ist Viertel vor Sarkozy!"


Debatte über eine Allianz Royal-Bayrou vor dem ersten Wahlgang

In einem Beitrag für die gestrige Ausgabe von Le Monde spricht sich Michel Rocard, EU-Parlamentarier der Parti socialiste, für eine Allianz der sozialistischen Kandidatin Ségolène Royal mit dem Zentristen François Bayrou aus, "um Sarkozy zu schlagen". Noch vor dem ersten Wahlgang am Sonntag in einer Woche sollen sich die gesamte moderate Linke und der Zentrist zusammen tun.

Die Initiative des ehemaligen Premierministers (1988 - 1991) und Rivalen Mitterands scheint aber nicht abgesprochen gewesen zu sein. Royal überließ es ihrem Lebensgefährten und PS-Chef François Hollande, den Vorschlag abzulehnen; die Grünen-Kandidatin Dominique Voynet meinte, die Linke solle für die ihr eigenen Werte kämpfen.

Bayrou hingegen zeigte sich sehr angetan von Rocards Initiative. Journalisten sagen ihm seit seinen sinkenden Umfragewerten Mitte März eine gewisse Ernüchterung nach, weshalb eine Allianz mit Royal für ihn eine Möglichkeit sein dürfte, doch noch als Gewinner dieser Wahl hervorzugehen, wenn auch nicht als alleiniger. "Es gibt viele, die für mich wählen würden, aber noch zögern. Eine Allianz würde die Dinge klarer machen", meinte Bayrou gestern.

Bei einer Allianz vor dem ersten Wahlgang, die jedoch aktuell utopisch erscheint, würde Bayrou sich klar links positionieren. Dabei wollte der "zentristische Revoluzzer" doch die ewige Spaltung in ein linkes und ein rechtes Lager überwinden. Andererseits schloss er für eine eventuelle Regierungsbildung eine Zusammenarbeit mit beiden Lagern nie aus. Auf entsprechende Fragen antwortete Bayrou während seines Umfragehochs: "Ich werde die Besten der Linken und die Besten der Rechten nehmen." Zählt Royal für ihn also zu den Besten? Abgesehen davon ist nicht anzunehmen, dass Royal oder Bayrou ihre Kandidatur zu Gunsten des jeweils anderen zurückziehen würden.


Sarkozy-Berater für Verhältniswahl, die Le Pen nützen würde

Brice Hortefeux, Sprecher des UMP-Kandidaten Nicolas Sarkozy, hat gestern laut über die Einführung einer "Dosis Verhältniswahl" für die Parlamentswahlen 2012 nachgedacht. Damit wäre die Front national von Jean-Marie Le Pen ziemlich sicher in der Nationalversammlung vertreten. Das ist sie derzeit trotz gut elf Prozent im ersten Wahlgang der Parlamentswahlen 2002 nicht. Die Abgeordneten der Nationalversammlung werden nach dem Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen gewählt.

Mit dem Vorschlag macht die UMP einen weiteren Schritt auf die rechtsextreme Front national zu. Sarkozys Vorschlag eines Ministeriums für "Immigration und nationale Identität" war schon ein anderes klares Signal, wie der Kandidat selbst offen zugibt: "Mich interessiert die Wählerschaft der Front national, nicht aber eine Zusammenarbeit mit der Partei", sagte Sarkozy und fügte hinzu: "Hortefeux hat eine persönliche Meinung vertreten. Seine Erklärung bindet mich nicht."


Allianz Royal-Bayrou
Bayrou gründet MoDem
Bayrou in der Sackgasse
Ex-Minister greif Sarkozy an
Le Monde bezieht Position
Sarkozys
Sarkozys Regierungspläne
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TV-Duell Royal-Sarkozy
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