Présidentielle 2007

Ein Blog über den französischen Präsidentschaftswahlkampf

Französische Präsidentschaftswahl

TV-Duell Royal-Sarkozy

Donnerstag, 3. Mai 2007

Heftiges TV-Duell, aber wenig Neues – Royal lobt Merkel als Vorbild

Beim lange erwarteten Fernsehduell zwischen Ségolène Royal und Nicolas Sarkozy ging es gestern Abend zwar phasenweise richtig zur Sache, das Niveau der Debatte war aber eher enttäuschend. Beiden Kandidaten merkte man anfangs eine gewisse Anspannung an, die sich bei Royal relativ schnell in Angriffslust löste. Die erste Frage der sich sehr zurückhaltenden Moderatoren, wie es den beiden Kandidaten denn gehe, nachdem ihr Aufeinandertreffen im Vorfeld heiß diskutiert wurde, beantwortete Royal mit einem kurzen “Gut”.

Die genau gestoppte Redezeit benutzte die PS-Kandidatin lieber, um bei ihrer ersten Intervention gleich ihren Rivalen mit unbefriedigenden Statistiken zu Gewalt- und Straftaten zu attackieren. Generell verfolgte sie die Strategie, Sarkozy als Regierungsmitglied mitverantwortlich für negative Bilanzen zu machen, worauf dieser eine Teilverantwortung eingestand, aber später anmerkte, dass er “nur” Innenminister war.

Einen gewissen Populismus konnte man Royal vorwerfen, als sie versuchte, Sarkozy mit zwei Einzelschicksalen zu attackieren, die dieser Tage in der Presse kursieren. Gleich am Anfang sprach sie von einer Polizistin, die in einem nördlichen Banlieue von Paris vergewaltigt wurde, am gleichen Ort, wo im März schon eine Kollegin ebenfalls vergewaltigt wurde. Ihr Vorschlag, alle Beamtinnen und vor allem Polizistinnen nach der Spätschicht nach Hause begleiten zu lassen, fand bei Sarkozy folgendes Echo: "Dann wird es einen öffentlichen Dienst für die Franzosen geben und einen für die nach Hause gehenden Beamtinnen."
Royal nannte ebenfalls den Fall einer reichen Witwe, die zu ihrer Überraschung sieben Millionen Euro vom Finanzamt gut geschrieben bekam, dank der zu Jahresanfang eingeführten Steuerhöchstgrenze von 60 Prozent. Sarkozys Reaktion: "Was ich vorschlage ist schlimmer: ich schlage 50 Prozent vor."

Wenig überzeugend zeigten sich beide Kandidaten, als es um Nuklearenergie ging. Royal war offensichtlich darauf aus, mit statistischen Fragen Sarkozy Ungenauigkeiten unterzujubeln. Ihrer Frage, wieviel Prozent die Atomenergie am gesamten Stromverbrauch Frankreichs ausmache, wich Sarkozy zuerst aus, als Royal sie wiederholte, antwortete der UMP-Kandidat "die Hälfte".
Royal meinte, mit 17 Prozent die richtige Antwort parat zu haben. Dabei ist dies der Anteil des Atomstroms am gesamten Energieverbrauch, also Gas und Kohle einbezogen, und nicht nur am gesamten Stromverbrauch. Ein sich im Bau befindliches Atomkraftwerk in der Normandie rechnete Sarkozy fälschlicherweise der dritten statt der vierten Generation von Meilern zu. Daraufhin sagte Royal schulmeisterhaft: "Sie haben gerade eine Reihe Fehler gemacht. Das kann passieren, aber sie werden das Thema noch einmal wiederholen müssen."

Um eine Erhöhung der niedrigsten Renten zu finanzieren, möchte Royal eine Steuer auf Spekulationsgewinne an der Börse einführen. Sarkozy wollte von ihr wissen, mit welchen Einnahmen sie rechne, worauf die PS-Kandidatin antwortete: "Das werden die Sozialpartner entscheiden." Sarkozys Antwort: “Das ist von einer unglaublichen Präzision!” Generell kam der Satz “Darüber werden die Sozialpartner diskutieren” relativ oft von Royals und wirkte fast wie eine ausweichende Antwort. Jedenfalls wurde ihr hinterher vorgeworfen meinungslos zu sein. Andere meinten, dies sei Royals neue Art Politik zu machen, die auf Dialog setzt. Sarkozy hinterließ einen sattelfesteren Eindruck und schien vor allem die wirtschaftlichen Themen ganz gut zu beherrschen.

Das Ende der Debatte erhitzte noch einmal die Gemüter. Sarkozys Vorschlag, ein einklagbares Recht auf einen Krippenplatz einzuführen, erntete bei Royal Spott: “Die Frauen werden vor Gericht ziehen, um einen Krippenplatz zu verlangen? Jetzt mal ehrlich! Das ist nicht meine Vorstellung der Gesellschaft und die Frauen haben Besseres zu tun, als vor Gericht zu ziehen.”

Sarkozy bedauerte darauf, dass nur 40 Prozent der behinderten Kinder das reguläre Schulsystem besuchten, was für Royal das Fass zum Überlaufen brachte: “Ich denke, da haben wir den Gipfel der politischen Sittenlosigkeit erreicht. Mit Behinderungen zu spielen, wie Sie es gerade gemacht haben, ist geradzu skandalös. Als ich Bildungsministerin war, war ich diejenige, die das Programm "Handiscol" initiert hat, das von allen Schulen verlangte, alle Behinderten aufzunehmen. Dafür hatte ich 7000 Stellen für Aushilfserzieher geschaffen, die Sie gestrichen haben.”

Sarkozy forderte Royal auf, sich zu beruhigen und meinte, dass man als Präsident ruhiger Natur sein müsse. Gerade aus seinem Mund wirkte dieser Ausspruch alles andere als überzeugend. Royal entgegnete, dass es eine “gesunde Wut” gebe, gerade wenn es gelte, Ungerechtigkeiten anzuprangern. Für Sarkozy hatte Royal, “ansonsten ruhig, die Nerven verloren”.

Die beiden Moderatoren griffen kaum in die Debatte ein, so dass Royal und Sarkozy gerne mal von den eigentlich vorgesehenen Themen abschweiften. Nach den vorgesehenen zwei Stunden hatte man noch keine Minute über außenpolitische Fragen gesprochen, die beiden Kandidaten tauschten lieber Nettigkeiten aus.

Schließlich äußerten sich Royal und Sarkozy doch noch zu den aktuellen Themen Darfour, Iran, EU-Beitritt der Türkei und dem stockenden EU-Integrationsprozess. Beide wiederholten ihre bekannten Positionen. Für Sarkozy ist die Türkei ein “vorderasiatisches Land” und hat in der EU nichts zu suchen, den Verfassungsvertrag will er in vereinfachter Form vom französischen Parlament ratifizieren lassen; Royal möchte nicht “der Türkei die Tür vor der Nase zuschlagen”. Der richtige Moment für einen Beitritt der Türken, für den Royal die Zustimmung der Franzosen per Referendum haben möchte, sei aber noch nicht gekommen. Eine neue EU-Verfassung möchte Royal ebenfalls einem Referendum unterlegen.

Schlussendlich dauerte die Debatte zwei Stunden und vierzig Minuten, und als gegen Ende die Stoppuhr bei drei Minuten mehr für Royal stand, bestand Sarkozy nicht auf absolute Gleichheit der Redezeit.
Genauso großzügig gab sich der UMP-Kandidat, als die beiden Kandidaten gefragt wurden, was Sie von ihrem Gegenüber halten: "Ich erkenne Madame Royals Laufbahn an. Ich sehe sie eher als Konkurrentin denn als Gegnerin."
Royal hingegen hielt sich mit einem Urteil zurück: "Ich gebe keine persönliche Meinung ab. Die Debatte ist vor allem politischer Natur."

In seinen Abschlussworten an die Fernsehzuschauer betonte Sarkozy den "Wert der Arbeit", die für ihn der Schlüssel aus der "moralischen Krise" der Franzosen sei. Ein bisschen Pathos durfte auch nicht fehlen: "Frankreich hat mir alles gegeben. Es ist nun die Zeit für mich gekommen, alles zurückzugeben." Als ob es nicht eine Selbstverständigkeit sein müsste, endete Sarkozy mit den Worten: "Wenn mir die Franzosen das Vertrauen schenken, werde ich sie nicht enttäuschen, nicht verraten, sie nicht belügen."

Royal adressierte sich vor allem an diejenigen, für die es nicht "selbstverständlich ist, sich zu sagen, dass eine Frau die höchsten Verantwortungen tragen kann." Dass dies gut funktionieren könne, zeige das Beispiel Angela Merkel: "Diese Frau ist effizient, sachlich, wirkungsvoll."


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