Mit dem heutigen Amtsantritt des neuen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy schließt dieser Blog. Natürlich bleibt er noch online, die Artikel können also weiterhin konsultiert werden. Es kann vielleicht ganz spannend werden, Wahlversprechen auf ihre Einhaltung zu überprüfen, oder aber den energischen Kandidaten Sarkozy mit dem möglicherweise ausgeglicheneren, ruhigeren Präsidenten zu vergleichen.
Ein großes Dankeschön geht an alle Leser dieses Blogs. Wie der erst sehr spät installierte Counter verrät, waren es immerhin jeden Tag gut 30 Besuche auf dieser Seite.
Im Rahmen einer offiziellen Zeremonie hat der scheidende französische Präsident Jacques Chirac heute Morgen seinem Nachfolger Nicolas Sarkozy die Schlüssel des Elysée-Palastes übergeben. Der neue Präsident legte anschließend Kränze an den Statuen von Georges Clemenceau und Charles de Gaulle, Hauptfigur des französischen Widerstandes im Zweiten Weltkrieg und Gründungsvater der aktuellen Fünften Republik, nieder. Mit Clemenceau verbindet man vor allem seinen sehr autoritären Führungsstil als Innenminister und Regierungschef zu Beginn des 20. Jahrhunderts. So kam er zu den Spitznamen "der Tiger" und "Oberbulle Frankreichs". Während seiner Zeit als redegewaltiger Oppositionschef der linken Radikalen war Clemenceau als "Regierungsstürzer" gefürchtet. Trotzdem ist er auch am Ursprung sozialer Fortschritte direkt nach dem Ersten Weltkrieg. Im Wahlkampf gehörte Clemenceau zu den linken Idolen, die Sarkozy genüsslich zitierte.
Anschließend begab sich Sarkozy zu einem Wasserfall im Bois de Boulogne am westlichen Rand von Paris, wo er im Zweiten Weltkrieg erschossenen Widerständlern gedachte. Der neue Staatschef forderte seinen zukünftigen Bildungsminister, dessen Namen noch nicht feststeht, dazu auf, das alljährliche Verlesen eines Briefes des Widerstandskämpfers Guy Môquet in den Klassenräumen anzuordnen. In dem Brief nimmt der 17-Jährige Kommunist im Wissen um seine baldige Erschießung durch die Nazis Abschied von seiner Familie.
Abends flog Sarkozy schließlich nach Berlin mit der klaren Ansage, den europäischen Einigungsprozess schnell wieder in Gang zu setzen. Sarkozy unterstrich, dass sein Mandat keine fünf Jahre "Abwarten" sein werden.
Als Nicolas Sarkozy während des Wahlkampfes mit Vorliebe sozialistische Größen wie Jean Jaurès und Léon Blum zitierte, warf man dem Kandidaten der UMP Populismus und die Beanspruchung eines politischen Erbes, das nicht das seinige ist, vor. Jetzt scheint der frisch gewählte französische Präsident aber tatsächlich ernst zu machen. So ernst, dass die Realisierung der angekündigten «Öffnung nach links» größer als geahnt ausfällt und die parteiinternen Unterstützer Sarkozys fürchten, bei der spätestens am 21. Mai stattfindenden Vorstellung der neuen Minister auf der Strecke zu bleiben.
Seit Ende der letzten Woche gehen im provisorischen Pariser Büro des erst ab morgen regierenden Präsidenten linke Persönlichkeiten ein und aus. Über 30 Namen sind im Gespräch, vor allem ehemalige Minister der Parti socialiste (PS), Leute aus der Wirtschaft, aber auch beispielsweise Martin Hirsch, der Vorsitzende der Stiftung des kürzlich verstorbenen Abbé Pierre, dem Idol im Kampf gegen die Armut. Hubert Védrine, Bernard Kouchner und Claude Allègre, alle drei Minister unter dem ehemaligen PS-Premier Lionel Jospin, gehören zu den gefragtesten Kandidaten.
Allègre wird ziemlich sicher mit der Reform des Hochschulsystems beauftragt. Den anderen beiden, vor allem aber Kouchner, wurde der Außenministerposten angeboten. Für Kouchner, durch seine vielfältigen Engagements wie als Gründer von Ärzte ohne Grenzen oder als Verantwortlicher der UN-Mission im Kosovo bekannt und beliebt, würde mit dem Außenministerposten ein Traum in Erfüllung gehen, heißt es in seinem Umfeld. Von der PS fühlt sich der ehemalige Gesundheitsminister, der zusammen mit Michel Rocard vor dem ersten Wahlgang für eine Allianz Bayrou-Royal geworben hatte, schon lange vernachlässigt. Nicht nur für Sarkozy ist Kouchner ein idealer Kandidat: "Angesichts seines Alters hat er nichts mehr zu verlieren", sagte ein UMP-Abgeordneter. Die wütenden Reaktionen der Parti socialiste auf Sarkozys Wildern im linken Lager dürften Kouchner somit wenig jucken.
Innerhalb der UMP sorgt man sich um die sehr weitgehende Öffnung nach links der kommenden Regierung, die 15 Ministerien zählen soll. Dazu kommt das von Sarkozy am internationalen Frauentag am 8. Mai gegebene Versprechen, die Parität zwischen Frauen und Männern in seiner Regierung zu beachten. Da bleibt für die überwiegend männlichen Unterstützer Sarkozys bei höchstens acht «männlichen» Ministerien nicht viel Platz. «Ein linker Minister, okay; drei, das ist schon ganz schön viel», wird so auch ein UMP-Abgeordneter zitiert. Ungewohnt offensiv und ironisierend meinte Patrick Devedjian, ein treuer Untergebener Sarkozys, der als Justizminister gehandelt wird, er sei dafür, «bei der Öffnung sehr weit zu gehen, und zwar bis zu den 'Sarkozysten'».
Überhaupt mag verwundern, dass Sarkozy nach der letztlich souverän gewonnenen Stichwahl seine Regierung so sehr für linke Persönlichkeiten öffnen will. Anscheinend möchte der zukünftige Präsident allen Vorwürfen der Machtkonzentrierung vorbeugen und keine «Regierung der Dankbarkeit» aufstellen, wie dies Jacques Chirac am Anfang seines ersten Mandates 1995 vorgeworfen wurde.
Genauso wie das Zitieren von linken Helden kann aber auch die Berufung von linken Ministern ein reines Manöver sein: Nach den Parlamentswahlen am 10. und 17. Juni wird auch schon die erste Regierungsumbildung anstehen. Dabei werden sicher die leer ausgegangenen Unterstützer zumindest mit Staatssekretärsposten zufriedengestellt.
Auf ihrem bewusst harmonisch gestalteten Parteitag beschloss die Parti socialiste am Samstag, den Grünen für die kommenden Parlamentswahlen 14 Wahlkreise zu reservieren, in denen es keine PS-Kandidaten geben werde. Die Grünen veranstalteten ihrerseits am gestrigen Sonntag ihren Parteitag, bei dem sie das Angebot der PS als «nicht auf der Höhe» ablehnten. Die Zahl der freigehaltenen Wahlkreise sei im Vergleich mit den Absprachen zwischen der Parti socialiste und der Parti radical de gauche sowie den Anhängern des ehemaligen PS-Mitgliedes Jean-Pierre Chevènement zu niedrig. Der PS wird außerdem Arroganz vorgeworfen. Deshalb wollen die Grünen in allen 577 Wahlkreisen eigene Kandidaten aufstellen.
«Die Grünen sind nicht mehr die unterstützende Kraft der PS», ließ Cécile Duflot, Generalsekretärin der Partei, am Sonntag wissen. Man werde «sich nicht mehr in der pluralistischen Linken einschließen» lassen, die die linken Splitterparteien mit der übermächtigen Parti socialiste verbindet. Der andere potentielle große Partner für die Grünen ist nun die Demokratische Bewegung von François Bayrou. Ohnehin werden einige Grüne, auch von anderen ökologischen Organisationen als der grünen Partei kommend, zu den Gründungsmitgliedern der Bewegung im Oktober gehören.
Dass ihnen jetzt auch noch sicher geglaubte Partner weglaufen, ist wohl das Letzte, was den Sozialisten fehlte, auch wenn die Bedeutung der französischen Grünen auf Landesebene gegen null tendiert. Mit Blick auf die Parlamentswahlen im Juni hat sich die PS bekanntlich auf dem Parteitag am Samstag zusammengerissen, das erwartete Messerwetzen nach Ségolène Royals Niederlage blieb bisher aus. Eine eventuelle Neugründung der PS hat deren Parteichef François Hollande, wenn überhaupt, für nach den Wahlen angekündigt. Ein hohes PS-Mitglied meinte zur ablehnenden Haltung der Grünen, dass die PS dann eben «einheitlich für zwei» sein werde. Den drei aktuellen Grünen-Abgeordneten – zwei in Pariser Wahlkreisen, einer in einem Vorort von Bordeaux - werde aber trotzdem kein PS-Kandidat vor die Nase gesetzt, ebenso wie dem stellvertretenden Bürgermeister von Nantes.
«52000 Mitgliedsbeitritte in sieben Tagen» habe seine neu gegründete Demokratische Bewegung bereits verzeichnen können, sagte François Bayrou, der ehemalige Präsidentschaftskandidat der UDF, heute dem Radiosender Europe 1.
Im Pariser salle de la Mutualité, einem vor allem für Kongresse politischer Parteien bekannten Veranstaltungsort, berät am heutigen Samstag die Parti socialiste über ihre Strategie für die Parlamentswahlen im Juni. Der Blick scheint nur nach vorne gerichtet zu sein, auf die verlorene Präsidentschaftswahl wird wohl weniger eingegangen werden. Ein PS-Verantwortlicher scherzte im Vorfeld: "Dem Ersten, der es wagt die Gründe für die Niederlage zu analysieren, droht die Exkommunizierung."
Ganz harmonisch dürfte der Parteitag trotzdem nicht verlaufen. Dominique Strauss-Kahn, im November letzten Jahres bei der parteiinternen Kandidatenwahl Ségolène Royal unterlegen, gab am Sonntagabend direkt nach der Verkündung des Wahlergebnisses schon einmal den Ton vor. Er biete sich für die "nötige Entwicklung zur Sozialdemokratie" hin an, ließ der ehemalige Finanzminister live im Fernsehen wissen. Einige PS-Mitglieder nehmen "DSK" diesen Vorstoß übel, der jedoch entgegen der Erwartungen nicht das Messerwetzen gegen Royal gestartet hat.
Strauss-Kahn und Laurent Fabius, der zweite Verlierer der Kandidatenwahl vom November, brachten sich Ende der Woche für die heutige Versammlung in Position, indem sie sich mit ihren parteiinternen Unterstützern und Vertrauten zu Vorgesprächen trafen. Wie auch in der UMP Sarkozys ist es in der PS sehr gängig, dass verschiedene Strömungen von Parteigrößen verkörpert werden und man so beispielsweise von "Fabusiens" oder "Strauss-Kahniens" spricht.
Royal brachte sich ihrerseits mit ihrem überraschenden Fernsehauftritt vom Sonntagabend selbst sofort in Position für die kommenden Parlamentswahlen. "Etwas ist aufgestanden, das nicht zu stoppen sein wird", sprach Royal von der Euphorie um ihre Person, die ihr am Wahlabend trotz der Niederlage in den Straßen um den Hauptsitz der Parti socialiste entgegen gebracht wurde. Die Präsidentschaftskandidatin wird sich im Juni nicht wieder zur Wahl für die Nationalversammlung stellen. Damit will sie selbst eine von ihr so oft kritisierte Ämterhäufung vermeiden. Das heißt aber auch, dass die Präsidentin der Region Poitou-Charentes, sollte sie wirklich gestärkt aus der heutigen Versammlung herausgehen, die zu erwartende Oppositionsarbeit der PS außerhalb der Nationalversammlung leisten wird.
Wie von François Bayrou angekündigt, hoben gestern 2000 UDF-Abgeordnete aller Regierungsebenen die "Demokratische Bewegung" aus der Taufe. Auf dem Kongress in Paris gab es jeweils vier Enthaltungen und Gegenstimmen. Zu den Parlamentswahlen im Juni wird die neue Bewegung in allen Wahlkreisen einen Kandidaten aufstellen. Ihre endgültige Gründung als Partei ist für kommenden Oktober geplant. Interessant dabei ist, dass das mouvement démocrate (MoDem) nicht die UDF ersetzen wird. Die Zentrumspartei wird weiterbestehen und als Gründungsmitglied das Herzstück der Bewegung bilden.
Um den geschützten Namen UDF ist sogleich ein Streit ausgebrochen. Die Abkürzung ist pikanterweise seit 2004 im Besitz eines UMP-Abgeordneten. Damals begann Bayrou, auf Distanz zum traditionellen Koalitionspartner UMP zu gehen. Der Vize-Präsident der UDF kündigte an, notfalls vor Gericht zu ziehen, schließlich gehöre die Abkürzung denjenigen, «die von ihr gewöhnlich und konstant Gebrauch machen». Bei den anstehenden Wahlen zur Nationalversammlung werden die Kandidaten der neuen Liste unter dem Etikett «UDF-Mouvement démocrate» antreten.
Wer diese 577 Kandidaten sein werden, bleibt eine spannende Frage. Von den bisherigen 29 UDF-Abgeordenten unterstützen 22 offen Nicolas Sarkozy. Sie werden weiterhin unter dem Namen UDF firmieren und der neuen majorité présidentielle, der Präsidentenmehrheit, angehören. Für einige UDF-Spitzenpolitiker wie den aktuellen Bildungsminister Gilles de Robien ist dies die eigentliche Berufung der Zentristen: «Die neue Bewegung von Bayrou hat keinen Platz in der politischen Landschaft.»
Eine Delegation bestehend aus Robien, dem UDF-Fraktionssprecher in der Nationalversammlung, Hervé Morin, und dem UDF-Abgeordneten André Santini trudelte gestern demonstrativ zeitgleich mit der Gründung der Demokratischen Bewegung in den Büros von Sarkozy ein, um über die Rolle der UDF-Parlamentarier in der zukünftigen Regierungsmehrheit zu reden.
Mitbegründer der Partei Mouvement démocrate werden wohl auch einige führende Politiker der Grünen werden. Bei der gestrigen UDF-Versammlung wurde unter anderem der grüne EU-Parlamentarier Jean-Luc Bennahmias gesichtet. Antoine Waechter, 1988 Präsidentschaftskandidat der Grünen, ist ebenfalls an einer Zusammenarbeit interessiert. 1994 gründete er die «unabhängige ökologische Bewegung», als Reaktion auf die neue Linie der grünen Partei, die sich seit 1993 politisch klar links positioniert. Corinne Lepage, eine eher rechts einzuordnende Ökologin, dürfte sich mit ihrer Organisation Cap 21 ebenfalls dem Mouvement démocrate anschließen. Lepage verzichtete Anfang des Jahres auf ihre Präsidentschaftskandidatur und unterstützte anschließend offen die Kandidatur Bayrous.
Welche Rolle das Mouvement démocrate nach den kommenden Parlamentswahlen spielen wird, ist nur schwer zu sagen. Eine Umfrage geht von einem Wahlergebnis zwischen zwölf und 15 Prozent der Stimmen für die neue Bewegung aus, anderswo rechnet man mit acht bis elf Sitzen in der neuen Nationalversammlung. Im Vergleich zu den von Bayrou bei der Präsidentschaftswahl erreichten 18,86 Prozent und den aktuell 29 Sitzen wäre beides eine herbe Enttäuschung. Jedoch kann das Mouvement démocrate wohl einen wahren Strom an neuen Mitgliedern verzeichnen: Bis Freitag seien über 40000 Personen der Bewegung beigetreten. Bayrou möchte die Mitglieder und die Kandidaten für die Parlamentswahl «um den 20. Mai herum» auf einem Kongress auf die Wahl zur Nationalversammlung einschwören.
Zu seinem Amtsantritt als neuer Präsident am kommenden Mittwoch will Nicolas Sarkozy auch seine neue Regierung vorstellen. Zwar wird es dann nur noch einen Monat bis zu den Parlamentswahlen dauern, aber Sarkozy will bis dahin wohl nicht mit der aktuellen Regierung de Villepin sein Mandat beginnen. Der Noch-Premierminister und der kommende Präsident können sich nicht riechen, und trotzdem wird man einige Mitglieder der aktuellen Regierung im neuen Kabinett wiederfinden. Eine Innovation ist es, dass Sarkozy die geplanten fünfzehn Ministerposten zur Hälfte an Frauen vergeben will.
Als weibliche Regierungsmitglieder sind neben Michèle Alliot-Marie zur Zeit nur Rachida Dati, eine von Sarkozys Sprechern, und Roselyne Bachelot, ehemalige Umweltministerin, in Sicht. Dati hat arabische Wurzeln und ist Sarkozys Sensor für die Stimmung in den Banlieues. Ursprünglich sollte sie Sarkozys geplanten Wahlkampfbesuch in Argenteuil vorbereiten, dort, wo der damalige Innenminister Randalierer als "Pack" bezeichnet hatte. Wie bekannt, fand die versprochene Rückkehr aus Angst vor Ausschreitungen nicht statt.
Doch nicht nur die starke weibliche Präsenz dürfte einigen Mitarbeitern Sarkozys die Sorgenfalten auf die Stirn treiben angesichts der begrenzten Zahl an Regierungsposten. Wie der designierte Premier François Fillon bestätigte, werde es auch zentristische und gar "linke Minister geben, die unsere Ideen teilen". Auf diese Namen darf man gespannt sein: Welcher Linke, vor allem welcher französische Linke, ist mit der Abschaffung der Erbschaftssteuer, der Halbierung der Beamtenposten und einer "ausgewählten Immigration" einverstanden? Der Einzige, der einem sofort in den Sinn kommt, ist Eric Besson. Bis vor einigen Wochen noch Ségolène Royals Berater für Wirtschaftsfragen, ist Besson seit dem Abend des ersten Wahlgangs offizieller Unterstützer Sarkozys.
Aber auch zwei andere, in der Politik fast schon vergessene Namen kursieren derzeit. Bernard Tapie, schwerreicher Geschäftsmann, jahrelang Präsident des Fußballvereins Olympique Marseille und Regierungsmitglied unter dem Sozialisten François Mitterrand, unterstützt wie Eric Besson offiziel Sarkozy. Und letzten Freitag wurde bekannt, dass in Claude Allègre ein weiterer ehemaliger Minister der Parti socialiste dem neuen Präsidenten nahe steht. Von einem Kamerateam wurde Allègre erwischt, wie er durch den Hinterausgang Sarkozys Wahlkampfquartier verließ. Stotternd erklärte er mit einer verspiegelten Sonnenbrille auf der Nase, er sei von Fillon, wie er ehemaliger Bildungsminister, um einen Rat gebeten worden.
Sarkozys engste Mitarbeiter müssen sich um ihre Zukunft jedenfalls keine Sorgen machen. Claude Guéant, die rechte Hand des kommenden Präsidenten, bekommt den gewünschten Posten als Generalsekretär des Elysée-Palastes. Brice Hortefeux, Sarkozys Sprecher, wird für das Innenministerium gehandelt.
Seinen Wahlsieg feierte Nicolas Sarkozy am Sonntagabend sehr ausgelassen: zuerst mit der traditionellen Triumphfahrt des neu gewählten Präsidenten in einer Peugeot-Limousine, eskortiert von Kamerateams auf Motorrädern; dann mit einer im Fernsehen übertragenen Ansprache vor UMP-Mitgliedern in einem Pariser Festsaal; anschließend mit einem Konzert vor 30000 Menschen auf der Place de la Concorde. Die Nacht verbrachte Sarkozy mit Familie und befreundeten Promis im Nobel-Restaurant Fouquet's auf den Champs-Elysées. Unter den Gästen war unter anderem Johnny Hallyday, der französische Altrocker. Dessen Frau verkündete am Montag im Radio, dass das Paar nach der Wahl Sarkozys und der geplanten Einführung eines Steuerhöchstsatzes von 50 Prozent zum 1. Januar 2008 von der Schweiz wieder nach Frankreich zurückkehren werde.
Die Schlüsselübergabe für den Elysée-Palast mit Jacques Chirac ist für den Nachmittag des 16. Mai vereinbart, dem allerletzten Tag von Chiracs Mandat. In der Vergangenheit verkürzte ein amtierender Präsident schon einmal sein Mandat um wenige Tage, um die unangenehme Koexistenz mit einem neu gewählten, in den Startlöchern steckenden Präsidenten zu verkürzen. Einige munkeln, Chirac koste jeden Tag in Freiheit aus, da ihn, zumindest wenn die Justiz nicht an ihrer Arbeit gehindert wird, mehrere Prozesse erwarten, unter anderem wegen gefälschten Abrechnungen mit fiktiven Angestellten.
Sarkozy jedenfalls hat sich dazu entschieden, vor seinem Amtsantritt noch einmal eine Woche Kraft zu tanken, die er in den kommenden fünf Jahren sicherlich gebrauchen kann. Ein legitimes Anliegen, zumal der zukünftige Präsident auch nicht die Organisation seiner Regierung vernachlässigte, wie man in den Nachrichten sehen konnte.
Seinen Urlaubsort hatte Sarkozy eigentlich geheim gehalten. Einige tippten auf Korsika, wo Sarkozy bei der Präsidentschaftswahl locker auf über 60 Prozent der Stimmen kam. Gestern kam dann heraus, dass der ehemalige Innenminister seinen Familienurlaub auf einer Luxus-Yacht vor Malta verbringt. Dessen Besitzer ist Vincent Bolloré, Chef einer Investmentgruppe, die besonders durch Beteiligungen in der Medienbranche bekannt ist. Aber nicht nur die Yacht bezahlt der Milliardär Bolloré seinem Freund Sarkozy und seinen Begleitern, sondern auch den Flug im Privatjet nach Malta. Der kostet laut Zeitungsinformationen noch einmal mindestens 100000 Euro.
Prompt werden Sarkozy seine schönsten Zitate zur "Rehabilitierung des Wertes Arbeit", und "den Frühaufstehern Frankreichs" um die Ohren geworfen. Als François Bayrou und Ségolène Royal sich vor dem ersten Wahlgang zu einem Gespräch trafen, meinte Sarkozy zu Besuch in einer Fabrik im industriellen Norden Frankreichs abfällig, dass seine beiden Konkurrenten "in einem Pariser Luxus-Hotel Politik machen", während er auf die Probleme der Arbeiter eingehe. Die Zeitung Libération widmet dem Skandälchen gleich ihre ersten drei Seiten und zieht Parallelen mit den Vorlieben von Silvio Berlusconi und Wladimir Putin. Für das Satireblatt Le Canard Enchaîné kommt Sarkozys Urlaub natürlich auch wie gerufen. Nach Kritik aus dem Lager der Sozialisten werden mittlerweile auch anonyme UMP-Politiker zitiert, die Sarkozy fehlendes Fingerspitzengefühl vorwerfen.
Derart in die Ecke gedrängt entschied der baldige Präsident, seinen Urlaub abrupt zu verkürzen: Aus ursprünglich zehn Tagen sind nun vier geworden. Morgen möchte Sarkozy wieder in Paris sein, um seinen Amtsantritt vorzubereiten.